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All diesem Wechsel gegenüber nun die Beständigkeit des Amtes und Geschäftes in der merkwürdigen Häusergruppe, die sich am hohen Rheinufer hinter den Linden hinzog.

Von dem hinter dem Chor der St. Johannskapelle gelegenen städtischen Werkhause, das seit 1495 ein Werkhaus des Domstiftes war, durch eine Kaplaneiwohnung getrennt, lag das unansehnliche Gerichtshaus des Archidiakonats, „des erzpriesters richterhüsli“. Neben diesem sodann das Haus des allergrößten Verkehrs, das bischöfliche Konsistorium, das auch des Offizials Haus, häufiger der Schreiber Haus genannt wird. Gerichtsstube und Kanzlei waren in diesem Bau vereinigt, 1435 richtete die Gesellschaft der Schreiber des Gerichtes hier ihre Stube ein, in die Bischof Johann, der Dekan Wiler u. A. ihre Wappen stifteten. Aber die Auszeichnung der Stube war ihre Lage. In ungewohnt wohlklingenden Versen pries ein halbes Jahrhundert später Sebastian Brant die von Vogelgezwitscher tönende Luft, die das Haus umgab, die Aussicht auf reiche Baum- und Lustgärten und den belebten Rhein. An dieses Schreiberhaus grenzte das Eckhaus, wo die Bauverwaltung des Münsters ihren Sitz und der Bauverwalter (Fabrikmeister) seine Wohnung hatte, das Bauhaus U. L. F., domus fabrice. Im Erdgeschosse scheint die Domschule gewesen zu sein; die untere Rheinstube diente zu Zeiten dem Domkapitel als Sitzungssaal, daher das Gebäude auch der Stift Haus, der Domherren Haus hieß. Noch kurz vor dem Ende der alten Münsterherrlichkeit, 1528, wurde es durch das Kapitel von Grund aus neugebaut.

Unter den Linden, die den Platz vor dieser Gebäudereihe beschatteten, zog sich von der St. Johannskapelle gegen die Galluspforte der „Runs“, ein kleiner Graben, als Grenze des Richthausbezirkes. Vor diesem Gräblein und hinter dem Brunnen lag die Bauhütte. Das Bemerkenswerteste aber war hier die größte der Linden, tilia magna, die berühmte Gerichtslinde von Basel; sie stand in der Nähe des Brunnens und war von einer Steinbank umzogen, auf der an guten Tagen der Offizial zu Gericht saß. Diesem Richterstuhl gegenüber erhob sich an der Nordwand des Münsters ein steinerner, über drei Staffeln erhöhter Sitz; hier thronte der Bischof jährlich am Tage der Ratswahl.

Man ist versucht, als Staffage dieses feierlichen Burgbezirkes vor Allen die Domherren und Prälaten sehen zu wollen oder den Bischof mit seinen Herren und Gästen oder überhaupt die oft glänzende Erscheinung alles Dessen, was die große Welt Basels und seiner Lande war. Aber diese Herrschaften verschwinden in der Masse von Subalternen. Diese sind die

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 667. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/146&oldid=- (Version vom 4.8.2020)