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Handel nachfuhren, als das Köstlichste der Heimat, als eine heilige Schatzkammer, in der sie zurückkehrend alle glänzenden Güter der Welt, Prunkstücke und Reliquien mit Stolz niederlegten.

Diese Entwickelung ist von hohem Interesse. Nirgends sonst kann die Kraft und die mögliche Konsequenz einer Pfründenstiftung so deutlich erkannt werden wie hier. Diese Stiftung der Krämerswitwe schuf neues selbständiges Leben an Stelle des durch die Vereinigung mit St. Peter verloren gegangenen und bot die Grundlage, auf der die Zunft zur Herrschaft über die Kapelle kam.

Allerdings schloß der Stiftungskaplan das Amten eines Kaplans von St. Peter rechtlich nicht aus. Aber er konnte einen solchen überflüssig machen, und tatsächlich ist auch nie mehr von einem Peterskaplan, sondern stets nur noch von diesem Stiftungskaplan die Rede. Der Zunftvorstand zu Safran ernannte ihn und präsentierte ihn dem Kapitel von St. Peter zur Investitur. Man war aufeinander angewiesen und ein Zusammengehen Beiden nur förderlich. Daher auch die Zunft nur Petersleute, meist Kapläne, zuweilen auch Chorherren, an die Andreaskaplanei wählte.

Dennoch drängte das rein faktisch gebildete Verhältnis zur Abklärung und Formulierung, und daß das Kapitel von St. Peter zuletzt allerhand Ansprüche und Beschwerden erhob, war nur natürlich. Es geschah dies in den 1480er Jahren und hatte zur Folge, daß verhandelt wurde. Zuletzt kam ein Vergleich zu Stande; er ordnete die Teilung von Opfern und Almosen und verpflichtete die Zunft, nur Angehörigen des Stifts die Kaplanei zu geben sowie in Messen Bruderschaften u. dgl. keine Neuerungen zu schaffen ohne Willen des Kapitels; auf die Frage des Eigentums an der Kapelle wurde nicht eingetreten, vielmehr bestimmt, daß die Zunft wie bisher in stiller Gewere bleiben solle.


Der Klerus erscheint als allgegenwärtig. Trotz seinem Anspruch auf einen überweltlichen Wert lebte er, am Größten wie am Kleinsten beteiligt, mitten in der Welt.

In den Klöstern dagegen barg sich eine aus der Gesellschaft ausgeschiedene Bevölkerungsgruppe. Weil sie Masse machte und in ihrem Gegensatze zur Welt in feste Formen gefaßt war, konnte sie als eine Hauptvertretung kirchlichen Wesens gelten. Aber zum Klerus zählten diese Religiosen im Grunde nicht. Sie waren kein Volk von Geweihten, hatten keine Priestergewalt. Solche Gewalt und Weihe konnte bei Einzelnen hinzutreten; das Entscheidende waren hier die Gelübde und die Klausur.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 674. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/153&oldid=- (Version vom 4.8.2020)