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Konvent deutlich Haupt und Zentrum ist. Wie beim Vertrage der Basler Kirchen und Orden über die Quart 1371 der Prior von St. Ulrichszell sich einfindet, so fehlt auch sonst in großen Momenten nicht die Zeugenschaft solcher Nachbarn und Ordensgenossen, oder sie vikarieren für den abwesenden Basler Prior. Alte Herren, die sich von den Geschäften zurückgezogen haben, wie der Abt von Selz, der Propst von St. Morand, kommen nach Basel, um hier nahe bei St. Alban in der Vorstadt eine Stube zu mieten und ruhig in der Ordensluft auszuatmen.

Natürlich ist diese Freizügigkeit jedem Orden eigen, besonders rege aber bei den Mendikanten. Statt der Stabilität haben sie die Ubiquität und ein beständiges Wandern, sodaß auch dem schüchternsten Mönch täglich Mitbrüder aller Nationen vor die Augen kommen und ihn lehren: Alles ist dein, was des Ordens ist. In den andern Orden reisen meist nur die Regenten und Häupter, bei den Mendikanten ist jeder Bruder mobil. „Die Barfüßer haben einen weiten Kreuzgang, sie laufen die ganze Welt aus“, sagt Johannes Pauli, der selbst einer war. Daher in diesen Orden das Interesse an aller Welt, auch die Erzählerlust, die Freude an Anekdoten; daher, infolge der vielen Versetzungen, der auffallend starke Wechsel der Prioren und Guardiane; daher auch die Mißbräuche, die Ausartung ins Vagantenhafte bei einzelnen Brüdern; daher aber auch der vertrauliche Ton, der uns oft von Konvent zu Konvent vernehmlich wird, recht im Gefühle einer die ganze Erde umspannenden Brüderschaft. Überall ist der Mönch daheim, wo sein Orden ein Haus hat; er kann daher an einem solchen Orte auch ruhig sterben, unter Seinesgleichen das Grab finden. Der Basler Predigerprior Stephan stirbt 1477 in Ulm auf der Reise nach Landshut zum Kapitel; in Basel schließen ihr Leben und werden begraben 1500 der Stuttgarter Johann Stockler aus der Engelpforte, 1508 der Kölner Prior Servacius Fankel, 1515 der Regensburger Prior Dominicus Gockerli, usw.

Als das Wichtigste aber hat zu gelten, daß aus der Ordenszugehörigkeit dem einzelnen Religiosen Aufgaben erwachsen können, die ein Konvent niemals stellt. Auf diesem Wege wird Mancher für uns bekannt, ja bedeutend, der als Mönch uns gleichgültig bleiben würde. Schon die Verwendung einzelner Prioren der Karthaus, der Augustiner, des Albanklosters als Visitatoren oder Diffinitoren ihrer Orden hebt sie auf eine höhere Stufe; der Prior Theobald von St. Alban wird Kämmerer von Cluny in Alamannien und Lothringen, sein Nachfolger Ulrich von Bisel einer der zur Ordensreform Deputierten, der Johanniter Hans zu Rhein Meister in

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 678. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/157&oldid=- (Version vom 4.8.2020)