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selbst durch ihre Schilderung im Gerichtsprotokoll spüren wir noch die Leidenschaft dieser Erlebnisse. Als ein Kind von sieben Jahren war die Brigitta durch Mutter und Stiefvater ins Steinenkloster getan worden, um Nonne zu werden; da sie dreizehnjährig geworden, will sie nicht mehr im Kloster sondern in der Welt sein und gelobt dem Bastard Simon von Tierstein, mit dem sie „einsmals“ zu reden gekommen, die Ehe. Ihre erzürnten Verwandten bringen es mit Hilfe einiger Klosterfrauen dazu, daß sie dennoch, widerwillig, Profeß tut und eingesegnet wird. Aber sie „schätzt das erste Gelübde der heiligen Ehe mehr“, flieht aus dem Kloster und heiratet den Simon. Die Sache kommt bis nach Rom vor oberste Instanz, von dort wird sie dem Bischof Johann von Fleckenstein, von ihm dem Generalvikar kommittiert, und dieser gibt der Brigitta schließlich Recht.

Etwas Anderes war es, wenn Kinder in Frauenklöstern Aufnahme fanden nicht als Novizen, sondern zunächst zur Erziehung. So brachte der Edelknecht Hans Jacob von Heideck sein Töchterlein Anna Katharina zu den Damen ins Klingental, damit sie es „nach ihrem besten Vermögen unterweisen und lehren“ sollten; solche Ziehkinder waren auch die kleine Ursula im Klarakloster, die ihr Vater der Domkaplan Rudolf Bürkler dort versorgt hatte, die Base des Morand von Brunn im Gnadental usw.

Während der Probezeit konnte der Novize wieder austreten, und mit ihm ging auch seine Aussteuer wieder aus dem Kloster – unter Vergütung der Kosten, die das Kloster mit ihm gehabt hatte –, sofern nicht bedungen worden war, die Aussteuer erst bei der Profeß einzuzahlen. Auch wenn der Novize vor der Profeß starb, sollte seine Aussteuer wieder zurückfallen, sofern nicht der Eintretende, wie z. B. Hieronymus Zscheckabürlin 1487, ausdrücklich hierauf verzichtet hatte. Doch war jene Regel nicht unwidersprochen. 1323 ließ sich das Kloster Klingental ein Rechtsgutachten über die Frage erstatten, und die Experten, der Johanniterkomthur Bernhard von Löwenegge und der Straßburger Offizial, kamen zum Schlusse, daß dem Vater der während des Probejahres im Kloster gestorbenen Novize Schönkind kein Recht auf Rückforderung des ihr Mitgegebenen zustehe. Aber als Herman Waldner seine Tochter Klaranna und seine Muhme Ennelin von Dachsfelden, die nicht mehr Novizen sondern fertige Klosterfrauen zu St. Klara waren, 1483 mit Willen der Äbtisse aus diesem Kloster nahm, um sie anderwärts zu versorgen, erhielten sie das s. Z. Miteingebrachte zurück.


Die Möglichkeit des Eintritts in ein Kloster war natürlich nicht unbeschränkt, die Frequenz nicht beliebig. Vermögens- und namentlich

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 686. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/165&oldid=- (Version vom 4.8.2020)