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Auf verschiedene Weise dagegen scheint die ökonomische Seite des Vorgangs angefaßt worden zu sein.

Dem Wesen der Sache war Beiseitelassen jedes Geldgeschäftes gemäß. Freier Hingabe an Gott entsprach freie Aufnahme um Gottes Willen. Was dem Aufgenommenen zu leisten war, konnte aus den dem Kloster zufließenden Liebesgaben bestritten werden und war nicht erheblich, solange mit der Askese im Kloster Ernst gemacht wurde. Von einem Einkauf ins Kloster konnte also ursprünglich keine Rede sein, und diese Auffassung findet sich auch spät noch ausgesprochen, z. B. in Erlassen des Predigerordens im XV. Jahrhundert; ein Zuwiderhandeln wird mit den schweren Strafen der Simonie bedroht.

Dem entspricht, daß in manchen Fällen, namentlich bei Armut des Petenten, die Aufnahme tatsächlich ohne Entgelt gewährt wurde. Aber begreiflich ist auch, daß Mode Standesgefühl Stolz sich eine unentgeltliche Aufnahme verbaten und daß die Klöster solcher Anschauung gerne folgten, ja sie zur Regel werden ließen. Uns ist sie bezeugt durch zahlreiche Urkunden, namentlich der Frauenklöster, die gleich Verträgen das ganze Geben und Nehmen regeln. Und deutlich nennen sie auch die Motive. „Damit diese Tochter im Kloster um so besser besorgt sei, Dach und Gemach habe und daher Gott um so ruhiger dienen und ihn inniglicher für ihre Eltern und Vordern bitten könne“, „damit sie dem Kloster nicht lästig falle“, „damit sie nicht das Almosen esse, das andre Leute dem Kloster gegeben haben“, zahlen die Eltern dem Kloster eine Geldsumme, und gelegentlich wird der Eintritt geradezu als Kauf einer Pfründe bezeichnet. Zur Geldmitgift – die bald Kapital ist bald Leibgedingszins – tritt eine Aussteuer an Kleidern Bettwäsche, ja Möbeln und Geräten; auch ihre Kleinodien bringt die Aspirantin mit; nur die Gebetbücher hat ihr das Kloster zu liefern.

Dem Eintritt folgt zunächst die Probezeit des Noviziates und erst dieser die professio religiosa d. h. die Ablegung der drei feierlichen Gelübde und die Verpflichtung auf die Ordensregel. Diese Profeßleistung kann frühestens nach erlangter Mündigkeit geschehen; im Steinenkloster, „wenn sie zu ihren Tagen kommt“, zu St. Leonhard nicht vor dem zwanzigsten Altersjahr. Daß aber diese Regel vielfach verletzt wurde, namentlich in den Mendikantenklöstern, zeigt ein dagegen gerichteter Beschluß des Basler Konzils von 1440; auch bei der Reformation des Klosters Klingental wurde die Sache geregelt, und 1489 wiederholte der städtische Rat das Verbot, Unmündige einzuklostern. Zu welchen tiefen Konflikten es dabei hatte kommen können, zeigt lebendiger als alles Andre die Geschichte der Brigitta Waltenheim;

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 685. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/164&oldid=- (Version vom 4.8.2020)