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sich noch unter den Schirm des Klosters. Auch fertige Männer werden Mönche wie der Rheinfelder Stadtschreiber Ludwig Moser. Und nicht nur Laien. Der Domkaplan Konrad Schlatter trat ins Predigerkloster, und jener Johann Hochberg, der 1488 die Karthaus aufsuchte, war vorher Sänger des Chorherrenstiftes zu Nieder-Baden gewesen. Welche Erinnerungen mochten auf der Nonne Katharina Berner im Klarakloster lasten, einer Jüdin, die als Kind durch die Familie Berner aus der Vertilgung ihrer Gemeinde gerettet, christlich gemacht und ins Kloster getan worden war; und wie heftig der Kampf zwischen Einzelnen und dem Kloster sein konnte, zeigt uns Anna von Ramstein, Tochter des Freiherrn Rudolf. Weil sie aus der Zerrüttung des Elternhauses zu fliehen versucht hat, wird sie durch ihren Vater erst eingekerkert, dann 1451 zum Eintritt ins Steinenkloster gezwungen; nach neun Jahren entweicht sie auch hier, da sie es „ohne Lebensgefahr“ nicht länger im Kloster aushalten kann, wird aber ergriffen und zu St. Klara untergebracht; sie fleht den Papst vergeblich an, sie Benediktinerin werden zu lassen; da flieht sie 1463 nochmals, wird wieder gefangen und neuerdings ins Steinenkloster getan; hier bleibt sie nun und hier stirbt sie, nach dreiundsechzig Jahren Klosterlebens, hochbetagt. Anmutiger ist das Bild der Anna von Randeck, die sich am 4. Mai 1467 dem Gnadental übergibt; in den Worten des Dichters, der anwesend war, lebt sie heute noch, wie sie „lächelnden Antlitzes ins Kloster eingeht, alle Süßigkeit der Welt und die Täuschungen der Liebe hinter sich lassend, nackt aus diesem Meer an die seligen Gestade zu Christo fliehend“.

Immer aber ist eine solche Einklosterung ein ergreifender Vorgang, und das leidenschaftliche Leben dieser Szene verrät sich oft schon in Worten, die voll Tatsächlichkeit sind. Der Vater „stößt“ sein Kind in ein Kloster; er „ergiebt es Gott dem Allmächtigen zu einer dienstbaren Tochter“; „das allergenehmste Opfer ist dem Herrn, daß der Mensch ihm seine Jugend opfere in einem bewährten Orden“. So äußern sich Gefühle der Beteiligten. Was hinzutritt, sind bestimmte Formen und Rechtsforderungen.

Vor Allem ist persönliche Freiheit Voraussetzung des Eintritts ins Kloster, daher z. B. Ulrich Stocker, der Karthäuser werden will, 1484 durch den Grafen Hug von Montfort, oder Johann Pfister von Hallau, der Aufnahme ins Predigerkloster begehrt, 1485 durch das Schaffhauser Heiliggeistspital der Leibeigenschaft entlassen werden.

Auch eheliche Geburt wird verlangt; ist der sich zur Aufnahme Meldende unehelich, wie zu St. Leonhard Lienhard Grieb, im Klingental Walpurg von Runs 1483, so muß er einen Dispensschein vorlegen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 684. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/163&oldid=- (Version vom 4.8.2020)