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der Herzoge von Österreich, den Aufforderungen zu tätiger Teilnahme an Leid und Last des Gemeinwesens ihre Privilegien, ihre Zoll- und Steuerfreiheit, ihr Asylrecht. Und bei alledem lebten sie doch mitten im städtischen Treiben und von allen seinen Kräften; sie wirkten oft bis ins Intimste der Familien aus ihrer immer wieder sich schließenden Klausur heraus, trieben Weinausschank u. dgl. m. Es ist zu begreifen, daß der Rat gelegentlich über diese Klöster klagte, mit denen er so „viel bekümmert und gemühet werde“.

Die zu allen Entbehrungen bereite Weltflucht des alten Anachoreten war beim städtischen Mönch zur Befreiung von den Lasten der Welt und von den bürgerlichen Pflichten geworden.


Wer ins Kloster ging, tat dies, um „darin Gott dem Herrn Tag und Nacht in Reinigkeit und Demütigkeit zu dienen, sein und der Seinen, sie seien lebend oder tot, Heil zu schaffen“. Es war ein Ausscheiden aus der Gesellschaft, ein Verlangen nach ungestörtem Leben in Gott, in den meisten Fällen eine Versorgung.

Einzelne Äußerungen verraten uns allerdings, daß zu Zeiten die Orden die Werbenden waren. Wenn die Anmeldungen ausblieben, wenn Epidemieen die Konvente dezimiert hatten, erging der Befehl an die Provinzbehörden des Ordens, sich nach tauglichem Nachwuchs umzusehen und diesen mit aller Klugheit, cum omni diligencia, zum Eintritte zu bestimmen.

Im Übrigen mochte den Beteiligten selbst oft nicht klar bewußt sein, auf welcher Seite die stärkere Initiative war. Dem Kloster konnte der neue Bruder, die neue Schwester alles Mögliche bringen: Geld und Gut und einen weiten Verwandtenanhang. In der Regel aber wird es sich doch um Interessen der den Eintritt Begehrenden gehandelt haben. Das Kloster bot sich nicht an, sondern wurde gesucht. Aus Motiven, die natürlich in jedem Falle wieder andere waren, und die durch Formel und Urkundenstil hindurch zu erkennen oft unmöglich ist. Tiefe Empfindung und die Not einer Seele verbergen sich gerne, und in der Überlieferung herrschen das rein Geschäftliche oder gar das höhnisch Verzerrte. „Hat ein Edelmann ein Kind, das da schielet oder hinkt, kröpfig oder lahm ist, so gibt es eine Nonne oder einen guten Mönch“, spottete der Barfüßer Pauli. Aber nicht nur Fürsorgebedürftige wurden eingeklostert, nicht nur unreife willenlose Geschöpfe ihrer Väter oder Vormünder. Matronen, von allen Lüsten und Leiden des Lebens mitgenommen, und müde Greise duckten

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 683. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/162&oldid=- (Version vom 4.8.2020)