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St. Alban und St. Leonhard war dies eine Folge des Besitzes städtischer Pfarreien, bei den Mendikanten aber geradezu Teil ihres Wesens und Berufes. Diese Bettelmönche nahmen überhaupt in der Basler Klosterwelt, wie allenthalben, eine von weitem erkennbare Sonderstellung ein; wie verschieden von den übrigen Orden waren sie in ihrer Tendenz, aber auch im Temperament und in der Auffassung mönchischen Lebens. Dazu ihre völlig unabhängige Stellung in den allgemeinen Kämpfen der Kirche und innerhalb der Stadt, z. B. 1317 beim Ungeldstreit, da sie dem mächtigen Domkapitel unbekümmert entgegen und auf die Seite des Rates traten.

Dieser Lockerung klösterlichen Wesens gegenüber hielt die Karthause, das jüngste Kloster der Stadt, die alten Zustände so rein und unverdorben als möglich fest. Mit entschiedener, Jedermann fühlbarer Isolierung des Klosters, das die Brüder selbst als Einöde in der lauten städtischen Profanität bezeichneten; mit der vollkommenen Weltentsagung, der einfachen innigen Devotion, der herben Demütigung des Einzelnen, die bis zur Versagung von Sarg und Grabschrift ging. Hier gab es keine Pfarreirechte, keine Darreichung der Sakramente, überhaupt keine Tätigkeit außerhalb des Klosters und für Andre als Klostergenossen. Um Niemanden kümmerten sich die ewig schweigenden Mönche, Niemandem dienten sie; wenn die Einen sie hierum tadelten und für unnütze Menschen hielten, priesen Andre die „hohe Niedrigkeit“ dieser Religiosen, „die von aller Gemeinschaft mit Menschen abgesondert gleich Adlern auf steiler unzugänglicher Höhe wohnten.“

Eine Erscheinung anderer Art wiederum war St. Leonhard, das erst nachträglich unter eine Regel gebeugte Kollegiatstift. Spuren dieser Anfänge blieben am Kloster bis zuletzt haften in der Organisation, im Namen der „Chorherren“ oder „Regeldomherren“, im Amte des Dekans, in der Art des Wohnens. Etwas Besonderes lag auch im Verhältnis zum Bischof. Wie dieser selbst erklärte, daß St. Leonhard ihm vor andern Klöstern zustehe, wie auch die Stadt dies anerkannte, so hatte man auch im Kloster nicht vergessen, daß Bischof Rudolf 1118 die Kirche gebaut, Bischof Adelbero 1135 Statuten gegeben habe. Das Kloster nannte sich eine bischöfliche Kammer und beanspruchte für seine Chorherren den gleichen Rang mit den Domprälaten bei Prozessionen.

Das Augustinerkloster dagegen trug einen bestimmten städtisch-offiziellen Charakter. Vielleicht hatte der Rat einst bei der Niederlassung dieser Mönche mitgewirkt; sie nannten ihn gelegentlich Gründer ihres Hauses. Jedenfalls erwuchsen nähere Beziehungen auch aus der Nachbarschaft. Das Augustinerrefektorium diente lange Zeit den Sitzungen des Großen Rates, hier geschah

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/167&oldid=- (Version vom 4.8.2020)