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das Kloster der Öffentlichkeit, daß während des Schwabenkrieges 1499 die Nonnen in den Konventen sich parteiten, die Einen die weißen Kreuze der Schweizer an ihre Schleier hefteten, die Andern die roten der Königlichen. Wiederholt waren die Häupter der Stadt nicht nur in den Männerklöstern, sondern auch im Gnadental, an den Steinen usw. zu Tisch geladen, und als eine Konzession des Klosterwesens an rein profane Bedürfnisse erscheint auch die dauernde Verwendung der Refektorien der Prediger und der Augustiner für die Großratssitzungen. Sie gab diesen Klöstern eine offizielle Funktion, die bei einzelnen ihrer Brüder sich in Verrichtungen niederer Art wiederholte: sie dienten dem Rate als Boten in gefährlichen Momenten, wenn sonst Keiner sich hinaus wagte; sie begruben die Toten auf den Schlachtfeldern von St. Jakob und Dornach; sie begleiteten die Delinquenten zur Hinrichtung.

Auch auf andern Gebieten zeigte sich eine Schwächung der Klosterstrenge. Die weiblichen Konvente verraten uns in ihren Rechnungen, wie sie auch bei schweren Fastengeboten sich zu helfen wußten, wie sie den Konventwein dem Gesindewein und das weiße Brot dem Gesindebrot vorzogen, wie sie im Bereiten von Delikatessen Virtuosität besaßen, Lebkuchen buken, Latwergen aus Birnen Quitten Rosen usw. zu kochen verstanden. Die Leonhardsherren dagegen behielten sich bei einer Gutsleihe 1394 vier Kälbermilchli als Weisung vor. Wir beachten auch die einen Gegenstand vieler Jahrzeitstiftungen bildenden Besserungen des Speisezeddels. Daß aber nicht nur dieser, sondern auch die Disziplin des Klostertisches Einbrüche erlitt, vernehmen wir im Predigerorden, wo das Wegbleiben Einzelner vom gemeinsamen Mahl und das separate Essen in der Zelle wiederholt verboten werden mußte. Das gerade Gegenteil galt bei den Karthäusern; diese Anachoreten speisten ihr grobes Brot und ungeschmälztes Gemüse in der Einsamkeit der Kammern und hatten das Vergnügen des gemeinsamen Tisches nur an Sonn- und Festtagen; da wurden ihnen auch Fische Eier und Käse zu Teil, und auch außer dieser Zeit nahmen sie gerne die von Gönnerinnen gespendeten Leckerli u. dgl.

Da das Kloster zeitliches Gut besaß, so ergab sich eine, mancherorts ziemlich breite und umständliche Verwaltung, die nicht nur allgemeine Sorge für das Vermögen und Führung des eigentlichen Klosterhaushaltes – durch Kustos oder Schaffnerin unter Aufsicht des Klostervorstehers – war, sondern auch ein ihr untergebener großer Ökonomiebetrieb. Dieser Betrieb, der an sich mit Klösterlichem nichts mehr gemein hatte und in seinen Formen völlig profan war, mit Bewirtschaftung von Ackern Rebgärten usw., Erhebung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 695. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/174&oldid=- (Version vom 4.8.2020)