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alle Testamentssachen. Außerdem konnte das geistliche Gericht aber auch alle andern Sachen übernehmen. Endlich verlangte der Bischof, daß alle Käufe Vergabungen Obligationen, bei denen das geistliche Gericht Beurkundungsinstanz gewesen, im Streitfalle gleichfalls vor ihm „verrechtigt und ausgetragen“ werden sollten.

Was der Rat diesem ganzen System gegenüber vorbrachte und tat, stand natürlich im Zusammenhange mit der allgemeinen Lage, geschah aus dem Gefühl einer Behörde und einer Bürgerschaft, die sich die volle Stadthoheit zu erkämpfen im Begriffe war und in der geistlichen Gerichtsbarkeit eine politische Gefahr erkennen mußte. Aber auch als Kampf von Laientum gegen Priestertum wurde dieser Streit geführt. Und im Einzelnen wirkten mit die Interessen der Ordnung, wie solche in einem städtischen Gemeinwesen verstanden wurde; die Interessen der Öffentlichkeit und der Verständlichkeit; der Wille, Verkauf und Schenkung und Schuldbekenntnis vor mißbräuchlichem Einflusse kirchlicher Macht zu sichern; nicht zuletzt auch die starke Abneigung gegen alles Fremde, alles Unnationale.

Aus solchen Erwägungen kam der Rat zu seiner Forderung, daß Verkäufe und Vergabungen von Immobilien, gleichviel wer die Parteien seien, nur vor weltlichem Gerichte gemacht und auch nur vor diesem verrechtigt werden sollten; auch alle Erbstreitigkeiten, diejenigen zwischen Laien und Klerikern inbegriffen, gehörten vor das weltliche Gericht.

In den Händen des Rates war das Schultheißengericht sichtlich besser gewahrt als früher. Seine Tätigkeit wuchs an Umfang und an Gehalt. Schon im zweiten Jahre, 1386, erklärte der Rat alle letztwilligen Verfügungen, die nicht vor Schultheißengericht gemacht worden, für ungültig; 1396 versprach Anna zum Blumen, in ihren Forderungen an den Rat nur vor dem Schultheißen Recht zu nehmen. Es waren dies wohl die frühesten Äußerungen der neuen Tonart, und sogleich, unter dem Episkopate Humberts, erhob sich der Kampf. Er währte bis in die Jahre der Reformation. Nicht als ein ständiger Krieg, sondern als ein zu verschiedenen Malen, jeweilen für kurze Zeit, wieder hervortretender Konflikt. Er war Teil der großen Diskussion über die Herrschaft, die zunächst unter Humbert, dann unter Arnold Johann Caspar und Christoph geführt wurde.

Im Verlaufe dieser Debatte traten neben jene Hauptforderungen noch andere. Von Seiten des Bischofs wurde geklagt, daß das Hofgericht bei einfältigen Leuten durch die Beamten des weltlichen Gerichtes diskreditiert würde, ja daß der Rat den Gebrauch des Hofgerichtes überhaupt verbiete. Seitens des Rates wurde verlangt, daß der Offizial die Beurkundung von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/218&oldid=- (Version vom 4.8.2020)