Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/248

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Zubehör des Kirchhofs waren das hohe Kreuz in seiner Mitte sowie die Totenleuchte. Es war dies eine freistehende Säule mit einem Aufsatz, in dem das „Armeseelenlicht“ zu Ehren der Verstorbenen brannte. Solche Leuchten finden wir auf dem Laienkirchhofe des Klingentals, im Wasen des größern Münsterkreuzgangs, auf dem Kirchhofe zu St. Elisabeth, auf dem Predigerkirchhofe; diesen schmückte auch ein durch den Gewandmann Dietrich Krebs gestifteter Ölberg.

Keinem Kirchhofe fehlte ein Beinhaus zur Bewahrung der ausgegrabenen Knochen; die ansehnlichsten dieser Gebäude waren die als Kapellen geweihten bei St. Theodor und St. Peter; jenes die Allerheiligenkapelle, als Ersatz eines frühern Beinhauses 1514 neu erbaut, mit zwei gewölbten Schiffen, und durch den Basler Weihbischof konsekriert; zu St. Peter war die Niklauskapelle, die 1427, wohl infolge der Kirchhoferweiterung, durch Konrad zum Haupt erbaut und mit einer Kaplaneipfründe dotiert wurde, das alte Beinhaus und hieß deswegen gemeiniglich der Gerner.

Aber Basler Kirchhöfe waren ausgezeichnet, ja weitherum und über die Jahrhunderte hin berühmt durch die Glasgemälde, die sie in der Karthaus, und die Totentanzbilder, die sie zu Predigern und im Klingental umgaben. Die Stimmung des Ortes war in diesen Zyklen mit der höchsten Kraft, wenn auch in durchaus verschiedener Richtung, ausgesprochen. Dem Glanze der bunten Fensterreihen, durch die hohe Donatoren ihr Andenken in aller Pracht und Herrlichkeit festzuhalten sich vermaßen, standen die herben, jedes Machtgefühl vernichtenden Todesbilder gegenüber; bald wehmütig bald mit wildem Hohne führten sie die Gestalt des Todes im Reigen um das Gräberfeld, nichts Anderes verkündend als die Gewißheit des Unterganges.


Wir suchen nunmehr das Leben zu erkennen, dem alle diese Institutionen und Formen dienten.

Kern und tiefste Kraft des Ganzen war der geordnete Gottesdienst, der namentlich in den Klöstern mit dem Anspruch auf unausgesetzte Dauer, als cultus diurnus et nocturnus, auftrat.

Diesem Kultus galt Alles: der Bau der Kirche, die Gründung des Stifts und des Klosters, jedes Statut, jede Vergabung. Es war nicht der Gottesdienst der einsamen Seele, unabhängig von Ort und Stunde, sondern der sichtbare und hörbare, der in äußeren festen Formen, „im heiligen Bezirk und zu heiligen Zeiten“ gefeierte. Ein Gottesdienst im Angesichte der

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 769. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/248&oldid=- (Version vom 4.8.2020)