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ganzen Stadt und durch den Schall der Glocken ihr unaufhörlich kundgetan. Ein Gottesdienst an einem geweihten Orte, den bald das Verschlossenfeierliche des klösterlichen Oratoriums, bald die stets offene Herrlichkeit der Volkskirche hoch über alles Irdische hob. Hinter den Kramläden an der Kirchenwand, nach den Bettlern und Krüppeln, die das Portal umlagerten, öffnete sich dieser geheiligte Raum.

Hier war die Wohnung des geistlichen Amtes, das in der Messe, im Stundengebet, in der Predigt, in der Spendung der Sakramente seine Pflichten hatte.

Aber um diese einzelnen mächtigen Tätigkeiten legte sich eine stets wachsende Fülle von Feiern Benediktionen und würdevollen Begehungen, unter denen zwar keine als unentbehrlich und wesentlich für den Gottesdienst gelten konnte, deren Gesamtheit aber, indem sie den kirchlichen Betrieb eigenartig gestaltete und den einzelnen Gläubigen immer wieder in Anspruch zu nehmen vermochte, von der höchsten Bedeutung war.

Allem voran vernehmen wir den großen festlichen Rhythmus des Kirchenjahres.

Aus dem XIII. Jahrhundert waren zunächst die allgemein üblichen Feste der Heiligen Jungfrau, der beiden Johannes Peter und Paul Georg Nicolaus Martin Jacobus Katharina Maria Magdalena usw. übernommen worden, neben denen die Sonderheiligen der Orden — Franciscus Dominicus Katharina von Siena Peter Martyr Augustinus — engere Bezirke der Andacht schufen. Voll Leben und Reiz ist nun, wie in diesen Kreis leuchtender Vorstellungen, die nicht Basel allein angehörten, hier neue Mythen und Gestalten eintraten. Einzelne Stifterfamilien brachten den Kultus eigener Heiliger: die Fröwler den der Verena ihrer Heimat, die Tiersteiner Grafen den des Vincenz. Namentlich aber sind Spezialitäten der Basler Kirche zu nennen: die Feste der Bistumsheiligen Randoaldus Morandus Germanus Imerius Pantalus; die Verehrung der beiden großen, im Kultus oft verbundenen Heiligenschwärme der zehntausend Ritter und der elftausend Jungfrauen, unter denen St. Ursula und St. Euphrosyna besonders ausgezeichnet wurden; die durch die Kaufleute bevorzugte Verehrung der Drei Könige als der Reisepatrone. Das Ganze ein ehrwürdiger Besitz, der nie mehr vermindert, stets nur gemehrt wurde. Als solche Erweiterung des alten Zyklus ist zu nennen vorerst das Fest der heiligen Elisabeth, das in den 1310er Jahren hier Aufnahme fand. Sodann das zu Beginn des XIV. Jahrhunderts allgemeiner werdende Fronleichnamsfest. In Basel scheint dieses Fest nicht vor den 1320er Jahren eingeführt worden zu sein;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 770. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/249&oldid=- (Version vom 4.8.2020)