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in den Bauwerken und in der Köstlichkeit alles Gerätes begleitet durch das notvolle Bemühen um die Ruhe der Seele, um Seligkeit und Erlösung.

Dem Seelenheile sollte zunächst die Fürbitte der Lebenden dienen. Sie war es, die etwa der müde Schreiber am Ende seiner Arbeit für sich aufrief, die aber vor Allem von der Kanzel und im Klosterchore geschah und deren Macht sogar auf dem Grabsteine noch durch den Toten erbeten wurde.

Aus diesem Begriff der Fürbitte erwuchs der gleichsam eine vertragliche Sicherung des Seelenheils gewährende Jahrtag mit der gestifteten Messe. „Erst diese gab der Fürbitte durch das Eintreten des geopferten Christus zu Gunsten der Seele die Gewähr des Erfolges.“ Die Jahrtagstifter konnten bestimmen, daß schon zu ihren Lebzeiten an einem bestimmten Tag ein Gottesdienst für ihr Seelenheil gehalten werde, — so z. B. zu St. Peter Ursula von Laufen und Clara Rinkin —; ein solcher Gedenkgottesdienst hieß memoria. Viel häufiger war, daß die Stifter eine solche Feier für die Zeit nach ihrem Tode festsetzten durch Stiftung der jährlich an einem bestimmten Tage zu begehenden Totenmesse.

Dies waren die Seelgeräte, die Jahrzeit- oder Anniversarienstiftungen, bei denen aber der Stifter meist nicht für seine Seele allein, sondern zugleich für die Seelen seines Ehegatten, seiner Vorfahren, seiner Geschwister usw. besorgt war. Für die Seelen Aller, denen er Fürbitte schuldet, wie bei der Stiftung der Elisabeth Helbling 1321 gesagt wurde, oder mit anderer Wendung des Gedankens: für die Seelen aller der Vorfahren, die je Arbeit um das vergabte Gut gehabt haben. Aber wie man alten unbekannten Ahnen im Läuterungszustande des Purgatoriums beizustehen sich bemühte, so auch Fremden, ganzen Gruppen und Gemeinschaften. Das Domkapitel feierte die Jahrzeiten aller Prälaten und Domherren, aller Pfründenstifter, aller Wohltäter des Münsters. Auch Klingental, das St. Petersstift, die Bruderschaften und die Zünfte begingen solche Universalanniversarien, und nichts Anderes waren das große Requiem Kleinbasels am Mauriciustag und der Allerseelentag der gesamten Kirche am 2. November. Ähnliche Anschauung, aber bestimmten Taten Leiden und Errungenschaften geltend und von einem Gemeingefühl höchster Art getragen, lebte in den Schlachtjahrzeiten, die der Rat 1354 für die Toten von Tätwil, 1425 für die Toten des Ellikurter Krieges, später auch nach Grandson Murten und den italiänischen Feldzügen stiftete und die zugleich offizielle Dankfeste darstellten.

Um so individueller und der höchste Stolz einer Chorgemeinschaft waren die Jahrzeiten der Fürsten: der Könige Rudolf Wenzel Friedrich

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 782. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/261&oldid=- (Version vom 4.8.2020)