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Dabei ist zu beobachten, wie Frömmigkeit Kunstfreude und Ruhmsinn sich begleiten und antreiben. Daher die Stifterwappen an Pfeilern Wänden Kelchen Priesterkleidern. Daher auch beim Grabe Johanns zu Rhein in der Johanniterkirche die monumental in Stein gehauene Urkunde über seine Altarstiftung von 1307. Am stärksten, vielleicht durch italiänische Vorbilder angeregt, offenbart sich solche Absicht auf Verherrlichung des eigenen Andenkens in der Kapelle des Marschalls von Spoleto, Hüglin von Schönegg, zu St. Leonhard mit ihrem Prunke von Wappenschilden und Statuen.

Während die Stiftung einer Messe, eines Lobgesanges, einer Leuchte usw. nur den Gottesdienst bereicherte, brachte die Pfründenstiftung eine Vermehrung des kirchlichen Personals. Sie schuf ein neues Benefiz, eine durch Willen und Bedürfnis des Stifters geordnete neue Kultusstelle in der Kirche. Sie war deshalb auf den Konsens des Kirchherrn angewiesen, und in der Regel stand die Besetzung dieser neuen Pfründe dem Stifter, nach seinem Tode dem Kirchherrn zu, sofern nicht Jener den Patronat seinen Nachkommen reservierte und damit die Kaplanei zur Familienpfründe machte.

Wie viel eine einzelne Pfründenstiftung bewirken konnte, sahen wir bei St. Andreas; dort erwuchs aus ihr der tatsächliche Zustand einer der Safranzunft vorbehaltenen Kapelle. Ähnlichen Eindruck machen die Stifterkapellen, z. B. die Kapellen der Schaler und der Fröwler beim Münster. Nur daß hier zur Benefizstiftung noch die große bauliche Leistung trat; wenn dann in einer solchen Kapelle sich Inschriften Wappen Grabmäler und einzelne persönliche Erinnerungsstücke ansammelten, konnten sie die Vorstellung eines eigentlichen Familienraumes geben.

Tausende dieser Vergabungs- und Stiftungsdokumente liegen vor uns, und in wie vielen verbergen sich die bewegtesten Vorgänge der Wirklichkeit, bei denen auch andere als die schon erwähnten Mächte mitwirken: die Todesangst, die Reue, das Vertrauen, die Gedanken an Kinder und Erben, das Beugen unter den Willen des Beichtigers u. s. f.


Was am meisten trieb, war doch immer die Hoffnung auf ewigen Lohn. Die alte Formel vom himmlischen Ernten des auf Erden Gesäeten lebte noch immer. „Nichts ist ungewisser als der Tod, nichts ungewisser als seine Stunde, nichts Anderes folgt dem Menschen von dieser Welt in die Ewigkeit nach als seine guten Werke“, schrieben unzählige Notare vor den Krankenbetten auf ihre Papiere. Wer der Kirche spendete, hoffte damit seiner Seele eine Hilfe zu bereiten, eine Milderung ihrer Pein im Fegefeuer; in ergreifender Weise sehen wir die dauernde Lobpreisung Gottes

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 781. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/260&oldid=- (Version vom 4.8.2020)