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Daneben bestanden aber noch selbständige dauernde Almosenfonds. So das Almosen zu St. Nicolaus in Kleinbasel, das Almosen zum Elendenkreuz vor dem Riehentor, das 1523 durch Peter von Weißenburg gestiftete Almosen, das Almosen auf Burg usw. Die Verwaltungen dieser Fonds waren für Besorgung des Almosengebens in den verschiedensten Formen organisiert; sie übernahmen (meist in der Gestalt von Käufen) die Ausführung zahlreicher, an Heiligen- und Festtagen bald in dieser bald in jener Kirche auszuteilenden Spenden samt der Entrichtung von Gebühren an die dabei tätigen Geistlichen Glöckner usw.

Bemerkenswert ist die enge Verbindung dieser Caritas mit der Kirche, ihr Gebundensein an deren Vermittelung. Zum Glauben an das ewige Verdienst des guten Werkes tritt die Auffassung von der Glorie der Armut, von der Heiligkeit des Almosens. Vor der Kirchtüre werden die Spenden ausgeteilt und ist der Liegeplatz der Bettler und Krüppel. Die stolzen Adelshöfe zu St. Peter hegen in ihrer Mitte die Elendenherberge samt ihrer Kundschaft. Arme Weiber und Männer müssen klagend um die Bahre des Reichen sitzen, sind die würdigsten Statisten der standesgemäßen Totenfeier.


Mit aller Macht aber läßt uns die Fülle der Zeugnisse bewußt werden, daß das gesamte Kirchengut und Armengut durch Schenkungen geschaffen und erst nachträglich Gegenstand geschäftlicher Mehrung geworden ist. Und wie unübersehbar groß, den städtischen Bereich weit hinter sich lassend, ist der Kreis dieser Schenkenden, wie mannigfaltig Art und Maß der einzelnen Leistung, von den zahllosen kleinen, in Opferstöcken und durch Kollekten zusammengebrachten Gaben namenloser Hilfsbereitschaft bis hinauf zu mächtigen Stiftungen, mit denen Herrscher und Herren der Kirche dienen.

Die Tendenz dieser Liberalität kann natürlich in jedem einzelnen Fall ein andere sein. Menschenfreundliches Gefühl streitet mit dem selbstsüchtigen Verlangen nach himmlischem Lohne. Reine Liebe zur Kirche, Freude an Gottes Dienst bestimmen Viele zur Dahingabe selbst ihres Köstlichsten. Und hart daneben leitet eine andere Gesinnung die Oblationen an das Kloster, in dem die Schwester wohnt, und an die Pfründe, deren Kaplan der Sohn ist.

Auch sonst zeigen sich Spezialitäten: die Dotierung eines Katharinenaltars aus dem Bußgelde, das ein Jude wegen Schmähung dieser Heiligen hat erlegen müssen; die Stiftung einer Kaplanei in der Niklauskapelle durch Hans und Werner Sürlin zur Sühne für den am Domherrn Hans Werner Münch verübten Totschlag 1414.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 780. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/259&oldid=- (Version vom 4.8.2020)