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Neben der einem großen Teile der Stadt dienenden Pfarrtätigkeit Heinrichs, zu der auch seine offizielle Entsendung nach Bamberg zum Abholen der Reliquien Heinrichs und Kunigundens gerechnet werden mag, geht das stille Wirken in der Gemeinschaft einher. Beinahe nur von dieser Wirksamkeit vernehmen wir; in ihr leben die Gestalten Heinrichs und der Seinen noch heute, als die Gottesfreunde, die das Irdische und seine Begierden lassend Gott nahe kommen und sich ihm geben, in seinen Frieden sich verbergen, seine süße Gnade empfinden wollen.

Die kenntlichste Figur unter den Baslern dieser „heiligen ehrbaren geistlichen Gesellschaft“ ist Margaretha zum goldenen Ring. Tochter einer reichen, an der Spiegelgasse angesessenen Kaufmannsfamilie, erhebt sie sich über die in diesen Kreisen geübte Devotion hinweg zu einem innerlich lebendigen Christentum. Sie ist Heinrichs von Nördlingen „liebes Kind in Gott“; „unsre Gred“ nennt er sie. Auch nach Heinrichs Fortgang von Basel (1347/9) dauern die Beziehungen der Gottesfreundin Margaretha zu St. Peter weiter, indem der Chorherr Heinrich von Rumersheim ihr Beichtvater wird; nach ihrem Tode schickt er als ihr Vermächtnis den Einsiedler Waldschwestern zwei deutsche Handschriften mystischen Inhaltes aus ihrem Besitze. Noch 1381 lebt sie als deo devota und ist beteiligt an den großen Stiftungen ihres Neffen des Predigermönchs Johann zum goldenen Ring für dieses Kloster, für Beginen- und Begardenhäuser.

Ein Leben also ganz im Flusse dominikanisch-gottesfreundlicher Beziehungen, wie auch Tauler Dominikaner war, wie die Dominikanerinnenkonvente Unterlinden und Medingen mit der Gesellschaft Heinrichs von Nördlingen sich berührten, Adelhausen und Töß ihr nahe kamen.

Im Gegensatze hiezu fehlen sichtbare Beziehungen des Barfüßerklosters samt seiner Umgebung von Samnungen und Tertiarierhäusern zu diesen Gottesfreunden. Aber unzweifelhaft lebte auch in seinem Bereiche manches Verwandte; die Berührungen Heinrichs mit der Königin Agnes führten ihn vielleicht doch in die franziskanische Welt hinein, und als fast ein halbes Jahrhundert später die Sprache dieser alten Mystik noch einmal in Basel erklang, war es ein Barfüßer, der sie redete: Otto von Passau. 1362 Lesemeister, 1363 Kustos, 1385 Konventual zu Basel, zeigt er sich uns auch als Beichtvater des Hüglin von Schönegg, als Organisator des Klosters Königsfelden. Sein Werk „die vierundzwanzig Alten oder der goldene Thron“, eine große Sittenlehre in biblischen patristischen und andern Sentenzen, widmete er den Gottesfreunden.


Mächtig fesselt uns das Bild dieser ganz in Gott ruhenden Menschen mitten in den Nöten und Anfechtungen der Welt.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 791. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/270&oldid=- (Version vom 4.8.2020)