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unverwüstlichen Schaler und Münch behaupten noch ihre Kraft, während als Neue neben ihnen Kiburg Waldner Masmünster Ratsamhausen Hohenstein usw. sitzen. Aber Alte und Neue verbindet das gleiche starke Gefühl von Berechtigtsein und Können. Sie erweisen es in dem sofort 1366 losbrechenden Streite des Bischofs Johann von Vienne mit dem Rate der Stadt. Dann reißt eine mörderische Epidemie mit dem Tode von sieben Kanonikern, darunter dem alten Dompropst Thüring von Ramstein, eine weite Lücke, und es kommt zum Kampf um die Propstei. Dem von Papst Urban providierten Johann von Vienne, einem Nepoten des Bischofs, tritt der Domherr Heinrich von Hohenstein entgegen, zur gleichen Zeit auch Domherr zu Bamberg und Propst von St. Thomas in Straßburg, ein Gewaltmensch, der sich nicht scheut, im Sommer 1367 auf einer Leiter ins Dompropsteigebäude einzusteigen, alle Türen zu erbrechen und die Vorräte sich anzueignen. Er meint damit den Besitz der Dignität erlangt zu haben; daß sie aber tatsächlich ein Jahrzehnt lang ohne Inhaber bleibt und dann aufs Neue wiederholt um sie gestritten wird, zeigt, wie zerrüttet Alles war. Denn vom Zwiste Hohensteins mit dem Neffen des Bischofs geweckt beginnt nun auch der beinahe nie mehr ruhende Streit des Kapitels mit dem Bischof, der zuletzt seine Zusammenfassung findet in einer ausführlichen Klageschrift der Domherren. Hart und ohne Ehrerbietung halten sie hier ihrem Fürsten die Mißachtung der Kapitelsrechte, die Verschleuderung des hochstiftischen Gutes, sowie seine ganze schlechte Wirtschaft vor.

Aber diese Vorfälle sind nicht das Einzige. Hinter ihrer Unruhe steht das Bild eines Domkapitels, das in seinem Machtbewußtsein, in der Lebenslust und glänzenden Weltlichkeit edelgeborner Herren seine eigene Welt hat. Durch Alles hindurch geht die Stimmung der Standesgenossen; Chor und Kapitelsaal sind oft von der Ritterstube zur Mücke nicht sehr verschieden. Nur konsequent ist es, daß auch Glieder dieses Kreises dem Herzog von Österreich in den Krieg folgen und bei Sempach sterben. Ganz weltlicher Art, durch Interessen der Familien und Sippen geschaffen, sind auch die Gruppierungen innerhalb des Kapitels.

Vor Allen die Münch tun sich hervor; sie haben zu Zeiten mehrere der Prälaturen zugleich in Händen; es ist die blühendste Zeit der Familie, und deutlich offenbaren z. B. die Nachlaßinventare Konrads und seines Bruders Johann, die Beide jahrelang Führer des Domkapitels sind und von denen Konrad Bischof von Basel, der gierige Pfründenkumulator Johann Bischof von Lausanne wird, den Glanz des in diesen Häusern geführten Lebens. Ihr Gegenstück ist Werner Schaler der Erzpriester, bei

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 794. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/273&oldid=- (Version vom 4.8.2020)