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dessen heftiger, in unaufhörlichem Kampf und Krieg umgetriebener Art man vergeblich nach dem Chordienste sucht.

Neben diesen Edeln tritt unter den bürgerlichen Mitgliedern des Kapitels der kräftige Rudolf Fröwler hervor. Kein alter Basler, aber gerade deswegen unabhängiger und auf sich selbst angewiesen. Nach seinen Bologneser Studentenjahren 1324—1332 finden wir ihn als Chorherrn des Thomasstifts in Straßburg. Gleichzeitig ist er Chorherr von Lautenbach, aber auch Domherr in Basel, und nach der Mitte des Jahrhunderts wird er hier spürbar, seit 1361 als Domkustos, zuletzt in großen, über den Oberrhein hinausgreifenden Beziehungen als Zehntenkollektor und Gesandter der römischen Kurie tätig. Persönlicher wird er uns durch sein Verhalten im Streite Bischof Johanns mit dem Rate 1366; selbst bürgerlich, ist er doch einer der Intransigenten im Domkapitel. Bei der bösen Fastnacht 1376 macht er wieder von sich reden; er scheint an den Umtrieben beteiligt zu sein, die zum Krawalle führen, und auch über ihn ergeht daher die Strafe des dem Herzog von Österreich unterworfenen Rates. Am 9. August 1376, da Fröwler nach vollbrachtem Hochamt die Altarstufen herabstieg, ließ ihn der Rat festnehmen; vorsorglich sind die Portale des Münsters geschlossen, die Seile der Sturmglocken hinaufgezogen worden. Fröwler wird auf ewig aus der Stadt verbannt. Aber er kann nicht wagen, offen fortzugehen, da rings auf den Straßen seine österreichischen Feinde auf ihn lauern; durch ein Latrinenloch in der Stadtmauer hinausgelassen flieht der alte Mann mühsam abwegs durch Wälder und Berge. Sein Ziel ist Rom. Dort begegnen wir ihm im Jahre 1378; er sucht den Papst Urban, dessen Partei er festgehalten, gegen Basel in Bewegung zu bringen. Kurz darauf, am 28. Juli 1380, stirbt er.

Nirgends ist etwas Großes. Die Domherren vor fünfzig Jahren hatten in Stiftungen und Bauten vielfach ein hochgemutes Wesen gezeigt. Jetzt sind Leistungen dieser Art gar nicht mehr denkbar. Dagegen herrscht seit der Sedisvakanz von 1365 eine allgemeine Niedrigkeit der Gesinnung, die dann bei den simonistischen Abmachungen über die Wahl Humberts sich völlig schamlos offenbart.


Das Dasein der Pfarreien ist in dieser Zeit bestimmt durch ihre Inkorporationsangelegenheiten, durch das Wesen der Vikare und Altaristen, durch die Notwendigkeit einer Verteidigung des Pfarreirechtes nach allen Seiten. Wie dabei Pfründen und Personale wachsen, die Kirchen zu enge werden, die Gemeinden und einzelne Gemeindegenossen sich rühren, sind

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 795. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/274&oldid=- (Version vom 4.8.2020)