Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/275

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Erscheinungen des Lebens und der Kraft. Aber zu Grunde liegt vielfach ein Versäumen von Pflichten, ein Ungenügen in der Versehung des Pfarramtes.

Auch die Klöster stehen äußerlich in Flor, stolz auf die Größe, zum Teil auf die soziale Höhe ihrer Konvente. Die meisten sind betätigt an dem mächtigen Kampf um die Gemeindepflege. Er ist für sie eine Erweiterung ihres Lebens, aber auch Erregung und Gefahr; die Arbeit der Brüder im Dienste der Weltkirche bringt ihnen selbst die Verweltlichung.


In den Bereich dieser Kirche greift nun die sich mächtig regende weltliche Gewalt. Wir erinnern an die Unterwerfung des Klerus unter das Stadtfriedensrecht, an den Kampf um die Gerichtsbarkeit, an die Erwerbung von Jurisdiktionen des Bischofs und des Klosters St. Alban durch die Stadt. Auch in Auferlegung bürgerlicher Lasten strebt der Rat nach Erweiterung seiner stadtherrlichen Macht, so sehr, daß ein Mainzer Chronist 1383 von einer eigentlichen Verfolgung der Kirche in Basel durch die städtischen Behörden redet; die Geistlichen seien dort noch mehr geplagt als die Juden. Vom Eingreifen des Rates in die Reform der Klöster und das Beginenwesen wird noch zu reden sein; hier erwähnen wir, daß seit den 1380er Jahren auch Basel sich zu einer gesetzlichen Regelung des Vergabungswesens erhebt.

Was solchermaßen hier geschieht, ist Teil und Werk eines allgemeinen Vorganges, und die Entwickelung politischen Sinnes ist Eins mit geistigem Reifen und Mündigwerden überhaupt. Jedenfalls glauben wir zu erkennen, daß das Erstarken der demokratischen Kraft den Einzelnen nicht nur politisch hebt; es geht zusammen mit der Gestaltung seines innern Verhältnisses zur Kirche.

Hieher gehört, daß seit der Mitte des XIV. Jahrhunderts die Vergabungen an die Kirche, namentlich die Pfründenstiftungen, seltener werden. Auch diese spätere Zeit kennt natürlich noch die Liberalität und Opferzuversicht, und gerade ihr gehören die großen Leistungen von zwei oft genannten Wohltäterinnen der Basler Kirche: der Stifterin von St. Andreas Mechtild von Sarburg und der als Wiederherstellerin des Petersstifts gepriesenen Adelheid Biderman. Aber von diesen wenigen Einzelheiten abgesehen zeigt sich uns die Abnahme der Donationen in beinahe statistischer Bestimmtheit. Weder politische Bedrängnis noch wirtschaftliche Not sind ihre Ursache. Aber es wirkte die Amortisationsgesetzgebung des Rates, und im Allgemeinen wurde, dem Geiste dieser Gesetzgebung gemäß, der

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 796. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/275&oldid=- (Version vom 4.8.2020)