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den Konrad Elye, den Johann Wiler, später den Georg von Andlau, vielleicht auch den Propst Peter Liebinger denken.

Kräftigere Strömungen begegnen uns beim Petersstift. Die Krisis, von der schon die Rede war, hat auch diese wohlgemuten Herren zur Besinnung gebracht; auch daß um diese Zeit neue Geschlechter in die Chorstühle rücken, ist von Bedeutung. Wiederum spüren wir dabei die wälsche Influenz. Erhard von Burius, Werner von Maigeray, Richard von Lyla, Hugo von Corgemont, Johann Ner waren Stiftsherren aus dem Westen; neue Menschen, die neue Kräfte brachten. Unter dem geschäftskundigen Propst Burius kam es 1412 zu einem Statut, das durch starke Erhöhung der Eintrittsgebühr für Besserung der Finanzen, durch Vorschriften über das erforderliche Alter, die Amtspflichten und die Tracht der Stiftsherren für Würde und Frieden zu sorgen suchte. Dieser Propst, durch einen Fall so schwer verletzt, daß er in seinen letzten Jahren an Krücken gehen mußte, schied 1427 unter großen Vergabungen für eine Orgel, für Erweiterung des Kirchhofes u. a. m. Sein Nachfolger Rudolf von Terwil, dessen Gesinnung uns durch seinen Eifer für die junge Karthause bezeugt wird, hatte um so mehr Anlaß, diese Bausachen zu fördern, als das Stift sich für das Konzil ein gutes Ansehen geben mochte. Daher die Legate des Chorherrn Heinrich von Rumersheim für Anfertigung eines mächtigen Altarbildes und für Vollendung des Turmes; daher das Statut von 1430, das auch für die Kapläne ein Karenzjahr einführte, den dabei verfügbar werdenden Betrag aber nicht einer Totenpfründe des Vorgängers zuwendete, sondern der Baukasse mit der Bestimmung für den Turmbau zuwies.


Ohne Zweifel bedeuteten diese Maßnahmen der beiden Stiftskollegien eine Besserung. Aber sie galten nur dem Äußern, dem Betrieb und den Finanzen. Was im Innern schlecht war, konnte auch unter diesen neuen Regeln bestehen.

Andre Art und Kraft zeigt die daneben hergehende Klosterreform. Wir haben nicht zu glauben, daß die Verderbnis von Ordnung und Zucht im Kloster stärker war als beim Laienklerus. Den Nachrichten von unsittlichem Treiben bei Mönchen und Nonnen, vom Einsteigen junger Herren ins Klingental, vom Kauf von Abtreibungsmitteln in den Apotheken durch Klosterleute begegnen ähnliche Meldungen aus dem weltlichen Bereiche der Kirche. Aber indem das Mönchtum Vielen als das eigentliche christliche Leben galt, hatte die Klosterreform mit ihrem Streben nach stärkerer Ablösung dieser mönchischen Vollkommenheit vom Leben in der Welt ihre

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 810. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/289&oldid=- (Version vom 4.8.2020)