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angehören konnte, wie wenig zumal ein Konvent von Mendikanten ein ausgeschiedenes und abgeschlossenes Stück Welt war. Nahe und Ferne, Vornehme und Gemeine mischten sich in diesen Zwist, rieten und hetzten; der Ordensstreit wurde zur Stadtangelegenheit, zu Anlaß von Parteiung und Gewalttat. „Der Zank war so groß, daß über diese Reformation allein ein Buch hätte geschrieben werden können.“ Sogar zu den Waffen griff man, und der Ordensgeneral mußte den Versuch persönlicher Intervention aufgeben, mußte vor seinen Mönchen und ihren Parteigängern fliehen. Nur von außen her, von Bern, von Nürnberg, oder wo er sich aufhielt, konnte er eingreifen. Er exkommunizierte die Widerstehenden. Er brachte zuletzt die Sache vor Papst Martin, und dieser tat nun das Mögliche, zog die großen Nachbarn des Konvents, die Bischöfe von Basel Konstanz Straßburg und den Markgrafen von Röteln, in sein Interesse, rief auch den weltlichen Arm des Rates zu Hilfe und verlangte von diesem, daß er die Rebellen greife und einkerkere.

Nicht nur mit den Gegnern der Reform hatte der General zu kämpfen; auch um des lieben Friedens willen war Manchem sein Vorgehen unwillkommen. Aber er kapitulierte nicht. „Ich will den Konvent haben oder darum sterben.“ Und in diesem festen Willen, den der noch stärkere Glaube an die Güte seiner Sache trug, erlangte er zuletzt doch noch den Sieg. Die Gegner wichen. Ergreifend war die Szene, da einige ihrer Hauptführer sich reuig dem General zu Füßen warfen und um Absolution flehten.

So gelang endlich die Einführung der Reform, auch hier natürlich mit Hilfe zuverlässiger Observanten eines andern Klosters. Sie kamen am 30. April 1429 aus dem Konvente Nürnberg; an ihrer Spitze trat Johannes Nider in das Basler Haus und wurde hier Prior. Seiner Persönlichkeit vor Allem ist von nun an das Gedeihen des Klosters zuzuschreiben.


Aber was am meisten fesselt, ist doch das Handeln des Rates, sein anscheinend spontanes Verlangen nach kirchlicher Reform. Nicht nur die Polizei städtischen Regiments und der Sinn für Ordnung und öffentliche Zucht führten ihn dazu. Allgemeine Stimmungen trieben. Die Obrigkeit vertrat die gegen eine nachlässige Kirche, gegen gierige und würdelose Pfaffen erbitterten Laien. Es waren aber auch die ersten Jahre Fleckensteins und seiner energischen Tätigkeit für Erneuerung kirchlicher Macht und Herrschaft, mit der aufs beste zusammengehen konnte, was als Arbeit auch für innere Sanierung erschien. Es war überdies das Jahrzehnt der Husitenkriege und der über das ganze Reich gehenden Maßregeln für Unterdrückung der Ketzerei.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 814. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/293&oldid=- (Version vom 4.8.2020)