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Was damals in Basel von Obrigkeits wegen gegen die Husiten geschah, wissen wir; es genügt hier daran zu erinnern.

Im Schrecken vor der in Böhmen losbrechenden Bewegung kam es auch in Basel zu allerhand Beschlüssen und Taten. Namentlich zu der großen eidlichen Verpflichtung der gesamten Einwohnerschaft, am Christenglauben festzuhalten und aller Ketzerei zu widerstehen, im Besondern auch jeden hier weilenden Irrgläubigen dem Rate zu denunzieren. Es war dies ein Gelöbnis, das dem in andern Städten geleisteten gleich war, hier in Basel aber seine sehr bestimmte Bedeutung hatte.

Es lebten hier tatsächlich Häretiker verschiedener Art und wohl nicht in kleiner Zahl. Der Vorwurf, den Papst Eugen der Stadt Basel machte, daß so viele Ketzer in ihr wohnten, hatte offenbar seinen guten Grund. Von all den Lehren Gemeinschaften und Konventikeln der erst kurz vergangenen Zeit war jedenfalls viel Unaustilgbares und Verborgenes hier geblieben; der Beginensturm hatte mit den Formen nicht auch Geist und Gesinnung vernichten können. Und so würdigen wir im Gedanken an allgemeine Zustände, an die Verbreitung des Waldensertums und einer ketzerischen Mystik in Oberdeutschland Elsaß usw. auch das vereinzelt, in nur zufälliger Überlieferung uns bekannt werdende Dasein dieses oder jenes Häretikers in Basel. Schon im Frühjahr 1400 sitzt hier Berthold, Sohn weiland Werners des Gastwirts zum Hirzen in Straßburg, der Ketzerei beklagt in Haft; der Struß in Basel gehört zur Sekte der waldensischen Winkeler; die 1430 in Freiburg i./U. wegen Häresie inquirierte Antonia Perrotet sagt dabei über ihren Verkehr mit einer Schwester in Basel aus. Namentlich aber betreffen wir hier zu Beginn der 1420er Jahre den Johann Drändorf und zehn Jahre später den Friedrich Reiser, Beide als Wanderprediger, Beide die Propaganda treibend, die sie auf den Scheiterhaufen bringen sollte. Es sind waldensische und wiclifitisch-taboritische Gedanken, die Drändorf auch hier unter die Leute bringt: die Verwerfung von Ablaß Messe Zeremonien usw., Verwerfung des päpstlichen Primats, Bekenntnis der utraquistischen Kommunionslehre; er sucht Kleriker, die nach der Regel Christi leben; er tadelt die Leute um ihre Leistung des Ketzereides. Reiser sodann, der waldensische Apostel, läßt sich hier von einem der zum Konzil deputierten husitischen Bischöfe zum Bischof weihen; unter seinem Einflusse entschließen sich die Waldenser in Basel dazu, die Husiten als Brüder anzuerkennen.

All das sind nur knappe Erwähnungen, nicht zu vergleichen mit den großen Aktensammlungen der Ketzerprozesse von Straßburg Freiburg Berlin

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 815. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/294&oldid=- (Version vom 4.8.2020)