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Beratung von Angelegenheiten der Kirche im „Kapitel“; die Ordnung der Finanzen; seit den 1430er Jahren ihr Recht, die Chorherrentracht zu tragen: Alles gibt der Martinskirche der spätern Zeit beinahe den Charakter einer Stiftskirche.


Um die Mitte des Jahrhunderts stand das Petersstift unter der Führung eines nicht gewöhnlichen Mannes, des Jurassiers Johann Ner. Seit 1418 finden wir ihn zu St. Peter als Chorherrn, zehn Jahre später auch als Propst von St. Imer; zur gleichen Zeit besaß er noch eine Reihe anderer Pfründen: zu St. Ursitz, zu Münster im Granfeld, am Basler Münster, in Pieterlen. Er war Sohn des Abtes Heinrich von Bellelay, der außer ihm noch einen Chorherrn von St. Amarin als Sproß anerkannte. Gegen diesen Makel mochte dem Johann Ner formell die päpstliche Dispens helfen; die stärkere Hilfe trug er in sich selbst: eine vom Vater ererbte Kraftnatur. Mit Übernahme des Dekanats zu St. Peter 1432 an Stelle des wohl gezwungen weichenden Peters zum Luft bahnte er sich den Weg und gelangte 1439 als Propst an die Spitze. Sogleich tat er das Wichtigste: er beseitigte die lästigen Rechte des Dompropsts an der Kustodie. Die Gefälle dieser Dignität gewann er für die Stiftskasse und gab den Seelsorgefunktionen eine neue Ordnung. Wie er in St. Imer getan, so erneuerte er jetzt bei St. Peter das Nekrolog. Unter seiner Herrschaft begann überhaupt die Regeneration des Stifts. Daß er von Papst Felix einen Ablaß zu Gunsten des Kirchenbaus erwarb und selbst zwei Sakristeien baute sowie einen reichen Behang von Heidnischwerkteppichen stiftete, mit dem der ganze Chor ringsum bekleidet werden sollte, zeigt seine Sorge auch für das Äußere. Aus zahlreichen Urkunden tritt uns seine Tätigkeit entgegen. Als Magister und doctor decretorum leitete er die lange Gelehrtenreihe des Stifts ein; als Offizial des bischöflichen Gerichts, als päpstlicher Richter und Exekutor auch außerhalb St. Peters unaufhörlich beschäftigt wurde er zu einer der kirchlichen Standespersonen und Autoritäten der Stadt, die zu Allem ihr Wort geben mußten. Dabei natürlich diese vielen Gelegenheiten dazu benützend, sich ein Vermögen zu sammeln. Jenen Bau der beiden Sakristeien bestritt er aus der eigenen Tasche, und als er 1462 starb, hinterließ er seinem Sohne dem Studenten Peter Hans Ner, in dem diese Klerikerfamilie uns ihre dritte Generation vorführt, außer beträchtlichen Geld- und Naturalgefällen einen schönen Garten neben dem Petersplatz sowie das Schloßgut Hiltalingen mit Weihern Baumgarten Matten Äckern und Waldungen. Zu St. Peter aber blieb sein Andenken auch äußerlich gefestigt durch sein in Erz gegossenes

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 824. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/303&oldid=- (Version vom 4.8.2020)