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vermochte. Indem sie in der Durchführung dieser Absichten erlahmte und den Dingen ihren Lauf ließ, erfüllte sich ihr Verhängnis.

Einstweilen aber feiert Rom Triumphe im Jubeljahr 1450. Dann beginnt es durch Entsendung des Nicolaus von Cusa die Reformarbeit in Deutschland.

In Basel wird die Periode in bedeutsamer Weise, wie durch einen letzten dringlichen Mahnruf, durch eine schwere Epidemie eingeleitet; und persönlich lebendig ist diese Wende zweier Zeiten dargestellt im Hinscheiden des Bischofs Friedrich, der nie eine Messe zelebriert hat, und seine Ersetzung durch den frommen Arnold von Rotberg.

Sodann aber empfangen uns an dieser Schwelle die prächtige Restauration des Innern der St. Martinskirche und die ihrem Klerus gegebenen Statuten 1451. Beides sind Zeugnisse des Verlangens, Ordnung zu schaffen und erhöhten Bedürfnissen gerecht zu werden.

Die Statuten mit ihren Bestimmungen über die Feier der täglichen Pfarrmesse, der Frühmesse und der Messen an Feiertagen, über die Prozessionen, das Betragen im Chor usw. zeigen wohl mehr was geschehen soll, als was geschehen wird. Bei ihrem Erlasse klagt der Kirchherr, daß unter den Geistlichen zu St. Martin die Liebe kalt und die Andacht lau geworden seien. Aber wie wenig geändert erscheint Alles in der folgenden Zeit. Die Streitigkeiten sind unaufhörlich. Meist ist es ein Zanken um die Besoldung, um die Anteile an Opfern und Geschenken. Dann ein sich Auflehnen der Kapläne wider die Aufsicht und Disziplinargewalt des Leutpriesters. Ob dieser dabei im Recht ist, wird nicht klar. Ein so energischer Pleban, wie Anton Zanker 1513, herrscht, ohne daß der eigentliche Kirchherr zu Worte kommt. Seine Kapläne verschreien ihn als Tyrannen; am meisten verdrießt sie, daß er sie auch draußen vor allem Volk wie Schüler behandelt, ja mit Du anredet, „was Alles der kirchlichen Würde und Ehre zuwider ist.“

Aber sorgen diese Leute selbst für Würde und Ehre? Die Kapläne Johann Stützenberg 1471, Peter Scholer 1475 und 1477, Marcus 1484, Lienhard Eckart 1487, Wilhelm Wißnagel 1503 werden wegen Hurerei und Konkubinates gebüßt; das Gleiche widerfährt den Pfarrern Stürmlin 1456 und Zanker 1504.

So der persönliche Wandel und so die Konflikte der Einzelnen. Aber gegen Außen präsentiert sich das Ganze so ansehnlich als möglich. Der gemeinsame Chordienst des Leutpriesters und der Kapläne; ihre gemeinsame

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 823. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/302&oldid=- (Version vom 4.8.2020)