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Das Kapitel bemüht sich in zahlreichen Statuten, in strenger Disziplin, in der Forderung höherer Weihen um eine Erneuerung von Gottesdienst und Verfassung. Den übeln Wirkungen des Provisionenwesens wird begegnet durch Vorschriften über Wartertum Ahnenprobe Karenzjahr Residenz. Auch die prinzipielle Ordnung des Adelsrequisites gehört hierher. Ebenso die Schaffung der Prädikatur. Das aggressive Verhalten gegenüber der Stadt, das sich während dieser Jahre in den Beschlüssen über die Testamente der Priester und über das Zunftrecht der Kapläne sowie in der Verfechtung geistlicher Gerichtsbarkeit zeigt, erwächst gleichfalls aus der allgemeinen neuen Belebung, dem kräftigeren Selbstbewußtsein der Kirche.

Auch die erneute schroffe Ausschließung der Basler gibt diesen letzten Zeiten des Domkapitels einen bestimmten Charakter. Es ist noch immer ein Element im Stadtganzen, mit dem gerechnet werden muß. Das erste Gotteshaus und die mächtigste geistliche Korporation. Nicht die Reste der alten Kathedralwürde und -wirksamkeit kommen in Betracht, sondern die politische Bedeutung des Kapitels, seine ökonomische Kraft, seine gefreite Stellung im Stadtrecht. Namentlich aber seine ständische Funktion. Während der angestammte Adel zum Teil dem Rathause fremd geworden ist, stellt hier oben beim Münster dies privilegierte stolze Kollegium eine offizielle Adelsrepräsentanz anderer Art dar. Es hat aber keinerlei Interessen für das Gemeinwesen und braucht keine Rücksichten zu üben; es hat sein Standesgefühl und gestaltet seine Verfassung wie ein Klub von Stadtfeinden. Von den alten oberrheinischen Familien finden wir in diesem Kreise nur die zu Rhein Rotberg Eptingen Andlau Reich, neben ihnen in großer Mehrzahl aber Träger neuer Namen: Regisheim Türkheim Halwil Bodman Reinach Lichtenfels Pfau von Rieppur Staufenberg usw., 1494 drei Utenheim.

Die Witze des Kanzlers Heidelbeck über den hafersammelnden und geschäftemachenden Domscholaster Heinrich von Andlau und die bissigen Glossen Knebels über die vollkommene Einfältigkeit dieses selben Andlau, über den geizigen Jacob Pfau, über die ungebildeten und faden Regisheim und Halwil gehen auf adlige Mitglieder des Kapitels. Neben ihnen machen sich die wenigen Bürgerlichen mit Vorteil bemerkbar. Sie sind die hauptsächlich Tüchtigen und Arbeitenden. Peter zum Luft und sein Neffe Arnold, Georg Bernolt, Bernhard Oeglin erweisen sich in Offizialat Generalvikariat Domherrei und Dignität, Oeglin überdies im Dekanat von St. Peter als vortreffliche Juristen und Administratoren; den Hieronymus von Weiblingen preist noch Wimpfeling als Rechtsgelehrten; Wilhelm Textoris ist ein berühmter Theologe. Und doch würde eine durchgehende Geringschätzung der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 828. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/307&oldid=- (Version vom 4.8.2020)