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der Pröpste. Nach der entschlossenen konzentrierten Art des Johann Ner ist jetzt um dieses Amt ein merkwürdig zerfahrenes und gleichgiltiges Wesen. Bernhard Schuffut ist Familiar des Papstes Innocenz und durch diesen mit der Pfründe zu St. Peter providiert, wird später Dekan zu Mainz, scheint aber während seiner ganzen Basler Propsteizeit, 1488—1496, nie hier residiert zu haben. Ähnlicher Art, fremd und teilnahmlos, sind seine Nachfolger Eustachius Funk von Memmingen 1496—1500, der Mainzer Steinmetzensohn Philipp Kamberger 1500, Heinrich Freiherr von Sax 1501—1505.

Vom Leben dieser Stiftsgesellschaft vernehmen wir Mancherlei: einerseits unwillige Äußerungen Bischof Johanns über die Vernachlässigung des Gottesdienstes, über schlechtes Betragen im Chor, luxuriöses Auftreten usw.; andrerseits die vielen Buchungen im Strafregister des bischöflichen Fiskals. Kaum ein Jahr ist zu finden, in dem nicht ein Chorherr oder Kaplan von St. Peter wegen Konkubinats gebüßt wird. 1449 hat der Propst Ner für sämtliche Konkubinarier des Stifts in Bausch und Bogen vierzig Gulden zu erlegen, und 1503 kommt im Hause des Chorherrn Rüsch die Ehefrau des Ulrich Billung zum Vorschein, die dort lange versteckt gewesen ist; der Chorherr muß Buße zahlen, das Weib wird aus der Stadt gewiesen. Einzelne Kapläne wie Erhard Stützenberg, Stephan Olpe, Jacob Waltenheim, Mathis Burger sind unverbesserliche, immer wieder rückfällige Sünder und zahlen Buße nach Buße.

Das sorglose, nicht immer nur grob genießende Leben dieser Stiftsherren überliefert sich uns auch in den Nachlaßverzeichnissen, wo in den ausgestorbenen Stuben neben Silbergeschirren und bunten Teppichen selten das Kartenspiel fehlt, aber zuweilen auch ansehnliche Bücherreihen sich finden und, als Zeugnisse schöner Einsamkeitsstimmungen oder guter Geselligkeit, Lauten Pfeifen und andre Musikinstrumente. Die Tätigkeit von Stiftsherren an der Universität wurde schon erwähnt; aber auch an die Stiftung der Wandmalereien in der Treßkammer mag erinnert werden und an die Ausrechnung der Sonnenuhr für die Kirchenwand durch den Stiftssänger und Bauherrn Diebold Oeglin.


Auf Burg überrascht die Ruhe im Dasein des Kapitels. Es sind nicht mehr die Kämpfe, die Alles bestimmenden Leidenschaften im Vordergrunde; nach einem halben Jahrhundert noch weiß ein Kaplan die mira humilitas der Domherren dieser schönen Zeit Arnolds von Rotberg zu rühmen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 827. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/306&oldid=- (Version vom 4.8.2020)