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Zu beachten ist überdies, wie innerhalb der einen und Alle umfassenden Kirche jede persönliche Leidenschaft, jeder Amts- und Standesstolz sich hiebei geltend machte. Es war nicht Meinungsverschiedenheit Debatte und Prozeß, sondern Krieg zwischen Fremden, voll Hasses, begleitet von Schmähungen, mit Verletzung leiblicher und geistiger Güter. Aber wenn die Nonnen sich gegen Papst und Provinzial erhoben und den Predigern die ärgsten Übeltaten Schuld gaben, wenn sie ihr altes Kloster selbst schädigten, wenn der Konstanzer Bischof mit seinen Interdikten dreinfuhr, der St. Peterspropst als Konservator gegen die Prediger sich erhob u. s. f. — zuletzt fand doch all dieser Hader seinen eigentlichen Kampfplatz in Rom und dort auch sein Ende, seinen Entscheid und seinen Frieden.

Freilich kam im Verlaufe des so gearteten Streites die Reformangelegenheit selbst in Vergeß, und an ihre Stelle trat die reine Macht- oder Zugehörigkeitsfrage, die Kontroverse über Kompetenzen. Die Streitsache verlor ihren ursprünglichen Charakter und damit für den Rat ihren Wert und ihren Reiz. Nun verstehen wir, daß dieser Rat schon bald kein rechtes Interesse an dem ganzen Geschehen mehr zu bezeigen vermochte. Er hatte sich um eine Reform seines städtischen Klosters bemüht; was nun im Predigerorden, am österreichischen Hofe, auf den Burgen Tierstein und Hohentwiel, bei der eidgenössischen Tagsatzung und an der Kurie wegen dieses Klingentals noch getan und gestritten wurde, lag ihm abseits; höchstens daß allgemeine politische Erwägungen oder gleichzeitig ihn beschäftigende Angelegenheiten wie das Konzilsunternehmen des Andreas von Granea ihn veranlaßten, gelegentlich auch zu diesem Klosterzank noch Stellung zu nehmen.

Zwei volle Jahre dauerte der Streit. Sein Ende war, daß Alles, womit er begonnen hatte, wieder aufgehoben wurde. Am 11. März 1482 erging ein Spruch, der den ausgetretenen Frauen Recht gab und ihre Rückkehr ins Kloster verfügte; am 4. Mai erteilte sogar der Papst diesem Entscheid seine Zustimmung, „um weitere Streitigkeiten und Ärgernisse zu verhindern“. Triumphierend zogen die alten Frauen am 20. Oktober 1482, einem Sonntag, wieder in ihr Haus ein, und unter Gewalttätigkeiten, die bis zur Entweihung des Chores gegangen sein sollen, wurden die Observanzschwestern hinausgeworfen.

Nun war das Wandern an diesen. Aber von Übergriff und Streit hören wir bei ihnen nichts. Als Verbannte, als Pilgerinnen, Mangel leidend verließen sie den Oberrhein und fanden kümmerlich Obdach im Tertiarierhause zu Renting bei Saarburg. Hilfsbegehren, die sie selbst und ihre Freunde, u. A. der Straßburger Peter Schott, an den Papst und an

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 837. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/316&oldid=- (Version vom 4.8.2020)