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das Devotionelle stärker zu Tage tritt. Die gewaltige Stiftung von 1500, die hier den schon mit Salvegesang belegten hundertsechsundsechzig Tagen noch hundertneunundneunzig hinzufügt und so diese Feier zu einer alltäglichen durchs ganze Jahr macht, und dann die letztwillige Verfügung von 1502 (Seelamt mit sechzig zelebrierenden Priestern, Schmuck der Bahre mit Goldtuch, Geläute von allen Türmen der Stadt usw.) zeigen, welche Veranstaltungen voll Glanz und Klang jetzt zu Stande kommen können. Der gutmütige, etwas stumpf blickende Mann, wie das Porträt ihn uns zeigt, glaubt sein Bestes zu tun; er stellt Alles, auch den äußersten Festpomp, unter den schwärmerisch erflehten Segen der Himmelskönigin und läßt sein Geld samt seiner Frömmigkeit vor der ganzen Stadt paradieren. Nach ihm erhebt sich die Witwe nochmals zu einer großen Leistung, diesmal im Domstift, 1514, mit Bau und Dotierung eines Prachtaltars im Kreuzgang und zugleich mit der schön motivierten Stiftung eines theologischen Stipendiums: „da in dieser Zeit der Pilgerschaft nichts nützer und nötiger ist als die zu der Seelen Heil dienende Lehre, die doch durch nichts besser beschehen mag als durch die heilige Schrift und Die, so sich darin zu lehren geübt haben, und zum höchsten da, wo die löblichen hohen Schulen sind.“

Außer diesen großen Gaben verdienen einige kleinere unsre Aufmerksamkeit, weil auch sie Eigenart und persönliche Liebhaberei zeigen. So etwa die Stiftungen der Kaufleute Krebs und Wiß. Oder die der spätern Zeit eigenen Frühmeßstiftungen, die den Arbeitern ermöglichen sollen, ihr Tagwerk mit Gottesdienst zu beginnen. Eine fürsorgende Gesinnung für Viele zeigt sich auch in den Feiern, die jetzt wiederholt gestiftet werden: zu Trost und Hilf aller Seelen im Fegefeuer, für die vergessenen Elenden die sonst keinen Gedächtnistag und keine Jahrzeit haben, für die allenthalben im Frieden ruhenden Gläubigen.


Neben dem verminderten und zugleich etwas preziös gewordenen privaten Stiftungswesen dauern die ruhigen alten Bezeugungen offizieller Devotion fort: die Ratsandachten zu Weihnacht und am Karfreitag, das Aufstellen von Kruzifixen vor den Toren, die Veranstaltung von Bittgängen. Auch an die Stiftung der Sebastianskaplanei zu Augustinern 1439, an die Einführung des Kreuzweisbetens, an die Verwendung für die Theodulsreliquien 1489 u. dgl. m. erinnern wir. In der Gnadenkapelle zu Einsiedeln hat Basel seine Standeskerze, und 1466 wird im Rate davon geredet, „uf ein sundern tag unsere liebe frow ze eren.“

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 870. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/349&oldid=- (Version vom 4.8.2020)