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kommt. Die weltliche Macht, die souverän und stark geworden, greift ohne Weiteres in einer vom Begriff ihrer Souveränität nicht mehr zu trennenden Funktion auch auf bisherige Herrschaftsgebiete der Kirche.

Was hinzutritt und sich an dieser Umwälzung beteiligt, ist ein durch geistige und nationale Anschauungen bestimmter, dem Gebaren der Kirche widerstrebender Wille. Neben Staatsgedanken und Staatsinteressen regt sich der Stolz der vom Kosmopolitismus der römischen Kirche immer bemühter sich sondernden Nationalität, erhebt sich eine freiere Betrachtung zeitlicher und ewiger Dinge, meldet sich nun auch die Opposition des durch Steuer- und Gebührenforderungen, durch Kurtisanen, durch Begünstigung der Mendikanten usw. geplagten und gereizten Klerus.

All dies zusammen führt den „unsterblichen Kampf“ weltlicher und kirchlicher Macht auf seine Höhe. Im großen Schisma tief verwundet, durch die Konzilien in der Existenz bedroht, hat Rom nicht allein wiederholt sich der Hilfe des weltlichen Armes bei Klosterreformationen u. a. bedient, sondern namentlich, um das Basler Konzil zu sprengen, Zugeständnisse gemacht, die große Territorien und deren Kirchen von der römischen Zentralgewalt emanzipieren. Aber dann beginnt der Kampf aufs Neue. Einer weitverbreiteten Auflehnung wider das Imperium der Kirche tritt diese selbst jetzt entgegen. Wie verjüngt und vom Geiste mächtiger Regenerationsabsichten erfüllt, sucht sie in ihrem Absolutismus Dasjenige wieder zu gewinnen, was ihr durch jene Kompromisse und Konzessionen verloren gegangen ist.

In diesem weithin und mächtig bewegten Komplexe steht auch das Leben Basels. Es ist dieselbe Welt und dieselbe Stimmung.

Jene Streitigkeiten über Forum Steuerpflicht Immunität usw. offenbaren den die weltliche Gewalt gleich einer hohen und ewigen Notwendigkeit vorwärtstreibenden Willen, Herr zu sein über Jeden in der Stadtmauer, kein Privileg hier zu dulden und keine Exemtion. Auch in einzelnen Parochieen lebt eine merkwürdige Selbständigkeit der kleinen Laiengemeinden gegenüber der großen Kirche; ja im Streit um die Begräbnisgelder wird zuletzt diese Angelegenheit zu einer Sache ausschließlich der Gemeinden und ihrer Pfarreien unter völliger Ausschaltung der Mendikanten. Die Pflegereien des Rates, seine fast gewaltsame Tätigkeit im Beginensturm und bei den Reformationen der Klöster, seine Amortisationsgesetzgebung, sein Verbot der Einklosterung Unmündiger 1489 zeigen ihn dazu entschlossen, allen Glatzen zum Trotz Rechte und Pflichten des Stadtherrn zu üben. Im Herbste 1458 bemüht er sich, um den Baslern die umständliche und teure Appellation

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 872. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/351&oldid=- (Version vom 4.8.2020)