Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/352

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von Urteilen des Offizials nach Besançon oder Rom zu ersparen, um Schaffung einer Instanz in Basel und nimmt dafür bezeichnenderweise die pax Constancie des Barbarossa d. h. die im Frieden Kaiser Friedrichs mit dem Lombardenbunde 1183 gemachte Ordnung der Appellationen als Muster. Er schützt seine Einwohnerschaft, ihr Vermögen, ihre Familie vor kirchlicher Übermacht; er will aber auch diese Kirche schützen, soweit sie Basler Kirche ist, und für Zucht in ihrem Auftreten, für Ordnung und Sicherheit ihres Haushaltes sorgen; er nennt sich, sogar dem hohen Domstift gegenüber, ihren Schutzherrn, ihren Kastvogt. An Stelle der Koordination der beiden Gewalten soll die Einordnung des kirchlichen Lebens in das staatliche treten.

Gewaltig aber wächst die Bedeutung dieses Handelns dadurch, daß es nur Teil einer allgemeinen Bewegung ist, daß derselbe Rat, der zu Hause Herr sein will, zur gleichen Zeit durch seine Gesandten auf den Reichstagen mitarbeitet und die deutsche Nation mitvertritt bei den gravamina wider Rom. Gegen die Übergriffe päpstlicher Jurisdiktion, gegen das ganze System der Pfründenvergebung, gegen die Besteuerung durch die römischen Behörden richteten sich diese Beschwerden; ihr tiefstes Leben aber und ihre Leidenschaft erhielten sie durch den nationalen Haß wider die unredlichen habsüchtigen und Deutschland verachtenden Wälschen.

Wie nun umgeben von solchen Bewegungen der Klerus in Basel selbst sich benimmt, ist ein fesselndes Schauspiel. Als städtischer Klerus hat er unverkennbar ein Sonderwesen. Lebendig, reich an Wechsel spricht sich sein Verhältnis zu Rat und Einwohnerschaft bei den Konflikten aus, welche die Stadt mit Bischof oder römischer Kurie zu bestehen hat, zumal in den Zeiten von Interdikt. Wiederholt sehen wir den Klerus (mit Ausnahme der Barfüßer und der diesen zugeteilten Klarissen) zum Rate halten, seinen Appellationen sich anschließen, das von Rom befohlene Interdikt nicht beobachten. Er tut dies wohl zum Teil aus braver städtischer Gesinnung, daneben gewiß auch aus Freude des Opponierens wider die kirchlichen Obern, überdies aber unter dem Druck einer öffentlichen Meinung und im Gedanken an den Träger dieser Meinung, nämlich die Volksmenge, die communitas aliqualiter grossa et tamen proba, vor deren Ungeberdigkeit und Grobheit der Rat selbst gelegentlich warnen muß.

Bisweilen ist bei solchen Verhandlungen geradezu von einer unio des Klerus mit der Stadt die Rede, wobei wir aber nicht an einen formulierten Verband oder Bund zu denken haben. Diese unio ist das Umschlossensein von derselben Mauer, das munizipale Gefühl, das Aufeinanderangewiesensein

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 873. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/352&oldid=- (Version vom 4.8.2020)