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Gesinnung, der menschlichen Art und Bildung im Einzelnen wirklich bestellt war. Aber wir erfahren kaum etwas und auch da nur das Ungewöhnliche. Bei den Murer sehen wir Söhne und Töchter des kindlich gewordenen Heinzman sich um den Sitz im Hause streiten und den Alten um die Wette ausnützen. Die Frau des Peter Offenburg, Agnes von Laufen, schaltet voll Habgier weiter im Hause ihres verstorbenen ersten Mannes Hans Wiß; vor den Augen seines Bruders Heinrich schafft sie den besten Hausrat fort nach Schauenburg, und wie die Tochter Änneli sich für diese Habe wehren will, gibt sie ihr Schläge.

Gegen Außen sind die zwischen den Angehörigen der Hohen Stube bestehenden Gegensätze jedenfalls verhüllt durch die dieser ganzen Gesellschaft gemeinsame Haltung des Lebens. Was damals Bereicherung und Verfeinerung der Daseinsformen ist, findet Aufnahme in den Häusern der adligen und vor Allem der patrizischen Geschlechter. Hier begegnet uns z. B. die zahlreiche Dienerschaft, die kostbare Ausstattung. Bezeichnend ist auch die Funktion dieser achtbürgerlichen Höfe als Fürstenquartiere. Während die hohen Gäste der Stadt früher meist in den Kurien der Domherren Wohnung erhalten haben, führt man sie jetzt in diese mit dem reichern modernen Komfort versehenen Häuser. Bei den Offenburg an der Petersgasse wohnen 1445 die Tochter des Papstes, 1450 der Herzog Albrecht, 1473 der Markgraf von Baden, 1476 der Herzog René; von ähnlichen glänzenden Gästen können Sürlins Hof, der von Laufen Hof, auch der bürgerliche Engelhof berichten; unter den adligen Wohnungen ist der Ramsteinerhof hinter dem Münster die präsentabelste.

Auch der Kriegsdienst bringt die Gruppen in der städtischen Partei zusammen, und hier kann der Achtbürger, wenn er Mut und Glück hat, die Ritterwürde erlangen, wie Thomas Sürlin bei Murten. Sogar der Zugang zum eigensten Gebiete des Adels, dem Turnierplatze, wird ihm etwa gewährt; Andres Sürlin und der Schönkint reiten zum großen Stechen nach Zürich, und 1468 ist zu Basel ein Turnier zwischen Arnold Truchseß und Hans Bernhard Schilling. Im festlichen Waffenspiel, das hier 1454 zu Ehren des Burgunderherzogs stattfindet, kämpft auch Hans Waltenheim und findet dabei den Tod von der Lanze Sevogels.

In diesem Allem liegt eine Äußerung von Reichtum. Auch finanziell ist die Hohe Stube eine Macht. Zu ihr gehören z. B. in den Kirchspielen St. Peter und St. Leonhard beinahe drei Vierteile der mehr als zweitausend Gulden versteuernden weltlichen Personen; und noch immer erweist sich die ökonomische Kraft dieser Familien in zahlreichen Kreditgeschäften. Sie leihen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 902. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/381&oldid=- (Version vom 4.8.2020)