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büßt, wird die weltliche Gewalt erst seit den Konzilsjahren für diese ihr bisher gleichgültig gewesenen Dinge empfindlich.

Zunächst wendet sie sich gegen Konkubinat und gegen Ehebruch. Das Zusammenwohnen Lediger, das „öffentlich bei der Unehe Sitzen“ soll nicht mehr geduldet werden. Ebenso bedroht 1441 der Rat den Ehebrecher mit Verbannung, und 1457 unterwirft er den Ehebruch ausdrücklich der städtischen Judikatur und bestellt eine Aufsichts- und Strafbehörde von drei Herren, gibt dieser auch als spezielle Polizeimannschaft die Knechte über den Ehebruch bei; der Ehebrecher soll mit Geldbuße belegt oder je nach Größe des Frevels an Leib und Gut gestraft, die Ehebrecherin aus der Stadt gewiesen werden. Der Rat nimmt damit ein Stück geistlicher Gerichtsbarkeit auch für sich in Anspruch, fertigt aber die deswegen erhobenen Beschwerden der Bischöfe Johann und Caspar 1466 und 1481 mit der allgemeinen Entgegnung ab, er beabsichtige nicht, dem Bischof Eintrag zu tun; aber der gemeine Ruf und die Klagen der Prediger auf den Kanzeln hätten diese Maßnahmen veranlaßt, die er Gott und der Welt schuldig sei um der Ehrbarkeit willen.

Unverkennbar treibt die Sittengesetzgebung des Rates nun auch den Bischof zum Eingreifen, und sie selbst gewinnt dabei immer schärfere Töne. Mit erhöhtem Ernste wird das ganze Gebiet des Unordentlichen unter obrigkeitliche Zucht genommen.

Wir aber fragen nicht allein nach den Zuständen, die einem solchen Vorgehen rufen, sondern auch nach dessen tatsächlicher Wirkung.

Die allgemeine Anschauung, die dem Enea Silvio hier begegnete, daß Huren sowenig ein Unrecht sei wie Trinken, herrscht im weltlichen Gebiete noch lange. Ganz unbefangen und rückhaltlos ist in Urkunden Ratsakten usw. dieser spätern Zeit von den Zuhälterinnen und Bastarden angesehener Städter die Rede. Im gemeinsamen Testamente Peter Wolfers und seiner Frau 1475 werden den natürlichen Söhnen des Wolfer so gut Legate zugeschrieben, wie Hans Waltenheims kinderlose Witwe 1479 die Kebskinder ihres verstorbenen Mannes, Anton und Elsbet, mit Vermächtnissen bedenkt. Die Rechnungen des Fiskals verraten uns neben der bußfälligen Klerisei auch zahlreiche Laien, die wegen Unzucht Defloration Ehebruch usw. zur Verantwortung gezogen worden sind, von den Bademägden an den Steinen und bei Rümelinsmühle bis zu Michel Gallician und Wilhelm Grieb. Mathis Eberler hat seine Ehefrau in Basel, während er in Hiltalingen mit hübschen Frauen Haus hält; er hinterläßt fünf Bastarde. Und wie seine Frau durch eine Freundin mit dem Hinweise darauf getröstet

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 923. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/402&oldid=- (Version vom 4.8.2020)