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In Betracht kommt hiebei zunächst die städtische Amortisationsgesetzgebung, indem diese jetzt, um die Mitte des XV. Jahrhunderts, eine endgültige Formulierung erhält. Ihr Zweck ist, den Zuwendungen von Liegenschaften oder Gefällen an die manus mortua der Kirche Schranken zu setzen.

Basel geht mit der Reglementierung dieser Verhältnisse allerdings weniger weit als andre Städte. Seine Vorschriften beschränken sich auf Beschützung der natürlichen Erben vor Mißbrauch und Willkür.

So schon der Ratsbeschluß von 1386: bei Zustimmung der Erben hat der Testator Freiheit, auch in der Form, und kann seine Verfügungen treffen vor dem Offizial oder vor dem Notar oder vor dem Seelsorger; sonst sind die Verfügungen nur gültig, wenn sie vor dem Schultheißengerichte geschehen, das als öffentliches städtisches Tribunal die Interessen der Erben zu wahren weiß. Tiefer greift der Rat 1401: damit die rechten Erben nicht verkürzt werden, sind überhaupt nur Legate von Barschaft zulässig. Hat Einer ohne seiner Erben Wissen der Kirche etwas vermacht, so soll das „Auftun der Kisten“, das Nehmen und Wegtragen den Pfaffen nicht gestattet sein; der Erbe ist zunächst in Gewalt und Gewere des Gutes zu setzen, und erst dann mögen die Geistlichen mit ihren Ansprüchen sich vor dem Schultheiß melden. 1401 ist dem Testator noch gestattet, ein „bescheidenes Seelgeräte“ zu ordnen; bald nachher hält der Rat für nötig, eine Summe zu bestimmen, über die hinaus Niemand Vergabungen für seiner Seele Heil machen dürfe, „damit die rechten Erben nit so gröblich enterbet werden“, und in dem an Statuten so reichen Jahre 1457 endlich wird zwar die Form der Vergabung wieder frei erklärt, sodaß sie auch vor dem Pfarrer, vor dem Offizial usw. geschehen mag, aber für die Vergabung selbst bestimmt, daß sie nicht über ein Viertel des Erbgutes betragen solle.

Dies die Vorschriften. Aber beherrschen sie tatsächlich die Praxis? Wie weit reicht und wie stark ist die Gegenwirkung der Kirche? Jedenfalls zeigt sich uns in Urkunden Zinsbüchern und Anniversarien jetzt das kirchliche Gut als ein ungeheures Ganzes. Großenteils als ein in frühern guten Zeiten aufgesammeltes; aber Zuwendungen an die Kirche geschehen noch immer. Auch ist uns im Einzelnen das Wesen selbst, das Treiben um die Kranken- und Totenbetten, das Verhalten der Pfarrer oder Beichtväter in zahlreichen und zum Teil höchst lebendigen Bildern nahe gebracht. Es erscheint geradezu als das Normale, daß der Priester den Sterbenden fragt, ob er nichts „um seiner Seele willen besetzen“ wolle. Er erhält dann ein Legat für die Kirche und oft ist er zugleich auch Exekutor des ganzen Testamentes. Aber als 1461 Gred Schlup von Riehen,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 926. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/405&oldid=- (Version vom 4.8.2020)