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Burkart Schultheißen Witwe, in einem Hause Kleinbasels im Sterben liegt und die Klarissen davon hören, schicken sie ihren Beichtvater Herrn Johann Rebknecht an das Bette der Gred und lassen ihr sagen: wenn sie vor dem Tode noch den Orden annehme, so werde ihr geschehen wie einer Konventschwester; sie aber antwortet: „ich habe schon einen Orden, den will ich behalten“, und meint damit die heilige Ehe; weiter sagt sie: „Jedermann sucht, das er meint zu finden, und sorgt für sich selbst; aber Niemand sucht und sorgt für die armen Töchter“; damit meint sie ihre Verwandten, die auch am Bette stehen, und hinterläßt diesen allein ihr ganzes Gut. 1489 reklamiert das Schönensteinbacher Kloster das von Burkart Scherer hinterlassene und ihm vermachte Vermögen, wogegen der Sohn einwendet, daß diese „Erbmachung“ nicht vor Gericht aufgerichtet worden sei und ihn daher nicht binde. Szenen dieser Art, durch das Gerichtsbuch überliefert, machen begreiflich, daß im Rat oft davon geredet werden konnte, wie die Priester die Kranken nötigen, wie die Beichtväter heimlich Fahrnis forttragen u. dgl. m. Der Rat muß die Kautionspflicht der Geistlichen für die auf Vermächtnissen haftenden Schulden ausdrücklich feststellen, und 1516 wird die Änderung eines frühern Testamentes vor Gericht Notar oder glaubwürdigen Personen gestattet, aber nicht vor dem Beichtvater, „damit Gefährde vermieden werde“.


Demselben Bereiche gehört an, ruht aber im Einzelnen auf andern Notwendigkeiten, was hinsichtlich der Zinse Rechtens ist. Auch hier handelt es sich um einen mächtigen Faktor des städtischen Wirtschaftslebens. Die Zinse, denen die Liegenschaften in weitestem Umfange untertan sind und denen meist als erblichen oder unablösbaren Zinsen ewige Dauer anhaftet, zeigen sich uns vor Allem als Rechte der Geistlichkeit.

Schon in der Zeit Johanns von Vienne beschwert sich der Rat darüber, daß Zinsleute ohne Wissen des Leiheherrn ihre Jahrzeiten und Seelgeräte auf das Gut schlagen und damit dessen „Eigenschaft schwächen“. Aber auch über die, großenteils durch das Erdbeben geschaffene Unsicherheit des Zustandes wird damals geklagt: das Domstift, die Parochieen, die Orden fordern Zinse und Seelgeräte von Liegenschaften trotz der Einsprache der Inhaber, daß sie nichts von solchen Abgaben wissen.

Erst 1441 gelangt man zu einer grundsätzlichen Regelung: in Betracht der übermäßigen Belastung der städtischen Liegenschaften mit Zinsen, in deren Folge viele Häuser verwahrlost werden, verbietet der Rat, neue unablösbare Gülten auf Liegenschaften zu schlagen, und gestattet nur Gülten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 927. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/406&oldid=- (Version vom 4.8.2020)