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polizeilichen Interessen überlegen ist auch in ihm die Caritas das Lebenbringende; Fürsorge und Hingebung Einzelner macht sich geltend neben obrigkeitlicher Kraft. Das Spital verwaltet sein mächtiges, hauptsächlich durch private Stiftungen und Geschenke gebildetes Vermögen getrennt vom Stadtgut und nach eigener Ordnung; es erhält von der Stadt die auf dem Markte konfiszierten Waren, ferner Bußgelder von bestraften Fluchern usw., und dient ihr mit Fuhrleistungen.

Klar erkennbar wird jetzt auch der Beruf des Spitals. Es ist ein Armenhaus, bestimmt nur für die „Dürftigen und Bettrysen“. Nur solche Armen sollen Aufnahme finden, die „Bettrysen“ sind d. h. Steg und Weg nicht brauchen, nicht von Haus zu Haus gehen und das heilige Almosen fordern können. Das Spital ist zunächst nicht Pflege- und Heilanstalt armer Kranker, sondern in erster Linie Versorgungsanstalt für „unvermögende arme Leute“. Aber kein „Zehrhaus, in dem man auch außerhalb der gewöhnlichen Mahlzeiten Ürten halten könnte“, sondern nur der Notdurft angepaßt, eine Zuflucht der Dürftigen und Verlassenen, keinem Reichen geöffnet. Es leistet den armen Städtern, was die Elendenherberge den armen Fremden.

Daß das Spital Pfründer aufnimmt, ist eine Verletzung seines Prinzips und nur als ökonomische Maßregel zu rechtfertigen. Daher wird das Pfründerwesen auch wiederholt angegriffen und das Begehren gestellt, keine Pfründer mehr aufzunehmen, sondern das Spital den Armen zu lassen, denen es zugehöre.

So zeigen sich uns folgende Gruppen von Spitalinsassen:

Vor Allen die „Armen und Kranken“. Sie werden aufgenommen und verpflegt um Gotteswillen; ein Pflegegeld ist zu entrichten nur bei Knechten und Mägden, die von ihren Herrschaften in das Spital getan werden. Unter diesen Patienten können auch Geisteskranke sein; ferner Kindbetterinnen; ferner arme Kinder, namentlich Waisen.

In erster Linie finden nur Bürger und Hintersassen Aufnahme. Doch kann sich die Spitalpforte auch Fremden öffnen; von Aufnahme Solcher ist gelegentlich die Rede, und in spezieller Weise geregelt ist sie in den Verträgen über die Spitalplätze von Handwerksgesellen, die ja meist Fremde sind; die Gesellenschaft erwirbt durch eine einmalige, zuweilen durch eine jährliche Zahlung ein Bett im Spital, in dem ihre kranken Brüder Pflege finden.

Der Kranke bringt in das Spital mit, was er besitzt; hilft ihm Gott wieder aus, so läßt man ihn gehen mit dem Seinen, ohne etwas von ihm

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 933. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/412&oldid=- (Version vom 4.8.2020)