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Mailand. Wie Gambarupta hier doktoriert, umgibt er diesen Akt nicht nur mit den ortsüblichen Solennitäten, sondern veranstaltet überdies auf dem Münsterplatz ein glänzendes Turnierfest, bei dem Damen des Adels die Preise austeilen und dann selbst mit goldenen Ringen beschenkt werden. Namentlich aber wird in diesem Kreise das Verlangen nach selbständiger Geltung laut. Es genügt nicht, daß die Legisten und die Dekretisten gesondert bestehen und arbeiten; man spricht auch davon, nach italiänischem Muster zwei getrennte juristische Fakultäten zu schaffen, ja die juristische Fakultät zu einer Anstalt mit eigenem Rektor zu erheben und diesen Rektor nur aus den Scholaren zu nehmen. Der Gedanke an den weltkundigen Glanz italiänischen Universitätslebens, die Anschauung, daß „die Wälschen zum Regiment einer hohen Schule tauglicher seien als die Deutschen“, gehen deutlich durch alle Akten dieser zum Teil sehr heftig geführten Unterhandlungen. Man streitet über mehr als organisatorische Fragen, über die Gegensätze von Wälsch und Deutsch, von alter und neuer Lehre.

Aber dies ganze italiänische Wesen war überhaupt nur eine Episode. 1468 gingen die letzten fremden Legisten davon, und erst einige Jahre später kam wieder einer ihrer Landsleute: Friedrich von Guarletis. Dieser Astigiane war schon 1461 in Basel immatrikuliert gewesen; er faßte hier Fuß, wurde bekannt, erhielt wiederholt den Auftrag vom Rate, sich nach Dozenten umzusehen. So in Oberitalien, so in Dôle, wo er selbst 1469 Professor war. In die Basler Fakultät trat er 1475 als Lehrer des kaiserlichen Rechts und blieb in ihr bis zu seinem Tode 1510. Jedenfalls der vornehmste Dozent dieser Periode. Er hatte in eine Bastardlinie des Hauses Tierstein und in die Verwandtschaft mit den Waltenheim und Iselin geheiratet, er wohnte im Roßhof auf dem Nadelberg und besaß ein Landhaus vor dem Äschentor, sowie das Schloß Bottmingen. Durch viele Vergabungen an die Karthaus, Einklosterung einer Tochter im Gnadental, Versehung des Obmannamtes bei Streitigkeiten des Steinenklosters mit den Augustinern Johannitern usw. bewies dieser Lombarde, ein guter Basler Herr geworden zu sein.

Er lebte lange genug, um den Niedergang des Studiums des römischen Rechtes in Basel zu erleben. Dieses war, so aggressiv und laut auch seine Vertreter sein mochten, doch allezeit nie anders als in der zweiten Linie gestanden. Das kanonische Recht hatte und behauptete die größte Geltung, seinem Studium gehörten noch immer die meisten praktischen Ziele. Daher z. B. auch in den Publikationen der damaligen Basler Buchdrucker die Ausgaben des jus canonicum und seine Literatur das Römischrechtliche überwogen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 581. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/60&oldid=- (Version vom 4.8.2020)