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Im Gründungsjahre war der Ordinarius noch nicht vorhanden. Vorlesungen wurden gehalten durch Hans Blocher, den Münsterprediger Kreuzer und den Dominikaner Caspar Maner. Erst im Frühjahr 1461 war der ordentliche Vertreter gewonnen, in dem Wormser Domherrn Johann Rucherat von Wesel.

Dieser versah die Basler Professur während einiger Semester; 1463 kam er an die Dompredikatur zu Worms, später an diejenige zu Mainz. Durch heftige Angriffe auf die Kirche und ihre Sakramente gab er in diesen Ämtern so sehr Anstoß, daß er zuletzt der Ketzerei beschuldigt wurde und sich nur durch einen Widerruf vom Feuertode rettete. Er hatte die Ablaßlehre, die Lehre von der Erbsünde und von der Transsubstantiation als schriftwidrig verworfen; er hatte bekannt: „Ich liebe Christum, aber ich verachte Papst Kirche und Konzilien.“

Die Berufung dieses Mannes nach Basel geschah wohl auf den Rat Solcher, die ihn als Dozent in Erfurt kennen gelernt hatten. Seine abweichenden Meinungen scheint er damals noch nicht geäußert zu haben, und seine Wahl nach Basel kann daher auch nicht als Äußerung eines freieren Denkens der Behörde gelten.

Rucherats Nachfolger im Basler Ordinariat wurde der Aachener Wilhelm Textoris, der die Stelle bis zum Sommer 1472 behielt. Ihm folgte der Dominikanermönch Heinrich Nolt, durch den Rat eben damals auch zur Ernennung als Ketzerinquisitor empfohlen. Einem Bruder desselben Konventes, dem schon genannten Caspar Maner, hatte der Rat im April 1464 eine Lektur der heiligen Schrift zu übertragen beabsichtigt.

Nach Heinrich Nolt finden wir in der Professur 1474–1502 den Johann Siber von Wangen.

Aus der großen Zahl der neben diesen Ordinarien wirkenden Dozenten treten nur Wenige hervor. Am mächtigsten der große Johannes Geiler 1472–1476. Außer ihm nennen wir die Augustinermönche Niklaus Fries, Heinrich Riedmüller, Tilman Limburger und Moritz Fininger; den Domprediger Michael Wildeck 1491 f.; den Johann Textoris von Mörnach, der 1489, nachdem er das erste Buch der Sentenzen beendigt hatte, eine Frau nahm, die Theologie fahren ließ und unter dem Hohngelächter seiner Kollegen zu den Juristen überging.


Um die Gebiete der Fachwissenschaften breitet sich weit und reich das allgemeine geistige Leben.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 585. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/64&oldid=- (Version vom 4.8.2020)