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Aber so früh auch die griechische Gelehrsamkeit in Basel heimisch war, so kurz dauerte sie zunächst. Unter Reuchlins Anregung suchten auch Heynlin und Brant sich die Sprache Homers anzueignen; aber sie gelangten dabei nicht weit, so daß Jener schon 1488 sagen konnte, daß Niemand in Basel Griechisch verstehe. Erst dem Zeitalter des Cono und des Erasmus war ein Wiederaufnehmen auch dieser Studien vorbehalten.

Das Wichtige bei dem Allem ist, daß der Humanismus es war, der zuerst wieder die alte Literatur zum Gegenstande philologisch-historischer Untersuchungen machte, daß er überhaupt daran ging, den ersten Quellen nahezukommen, und daß er die junge Buchdruckerkunst sofort für diese Zwecke benützte. Ganz unzweifelhaft sind Wirkungen seines Geistes die zahlreichen und monumentalen Editionen, die jetzt in Basel zustande kommen: die Ausgaben der großen Kirchenlehrer Ambrosius und Augustinus, der kanonischen Rechtsbücher, der Bibel, unter diesen die denkwürdige Edition „Fontibus ex graecis“ die erste, die unmittelbar nach griechischen und hebräischen Quellen gearbeitet ist. Aber auch Dekrete des Basler Konzils, die justinianeischen Rechtsbücher, ja der Sachsenspiegel werden hier gedruckt; andern Richtungen des Humanismus dienen die Werke des Petrarca, die Briefsammlungen des Gasparini und des Filelfo, Poggios Facetien, Rhetoriken des Agostino Dato und des Enea Silvio, die Klassiker Sallust und Persius usw.

Die diesen Reichtum von Reproduktion begleitende eigene Humanistenliteratur zeigt sich uns in zahlreichen wissenschaftlichen erbaulichen und satirischen Werken. Außerdem aber war sie eine von den größeren und dauerhafteren Werken sich unterscheidende Gelegenheitsschriftstellerei; gerade diese läßt uns eine Eigenart der Humanisten in lebendiger Weise erkennen.

Aus dem Wohlgefallen an schöner Form, aus einem oft ganz unverhüllt sich zeigenden Drange zur Selbstdarstellung und dem durch den Buchdruck und seine grenzenlosen Möglichkeiten erregten Autorgefühl erwuchs die Gewohnheit der Humanisten, eigenen Publikationen, sowie solchen der Lehrer und Freunde das mannigfaltigste Schmuckwerk von Prologen und Epilogen, von Widmungen Empfehlungen und Episteln beizugeben. Stücke, die mit dem Inhalte des Buches gar nichts zu tun haben und die Person des Autors wichtiger darstellen als sein Werk. Die Freude an sich selbst, gegenseitige Hilfe und Bewunderung, das Bewußtsein, Ruhm oder Schmach in eindrücklichster Form austeilen zu können, leben in diesen Produktionen. Es ist gleichsam eine öffentliche Unterhaltung, bei der sich die Genossen grüßen rühmen und trösten, auch vor der Vergessenheit bewahren wollen. Und in der Tat können solche ganz persönliche und momentane Beigaben,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 593. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/72&oldid=- (Version vom 4.8.2020)