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die oft den Ernst, die Dürre, die Mühsal und die Gelehrsamkeit eines Buches mit reichen Ornamenten umgeben, noch heute Leben ausströmen, indes das Buch selbst schon lange bei den Toten liegt. Auch führen sie uns mitten hinein in jene Welt. Welchen weiten und buntgemischten Kreis von Menschen stellen z. B. die Dedikationen Brants vor uns.

Aber nicht nur an diese persönlichen Zuschriften denken wir. Auch Zeitereignisse fanden sofort Beachtung: Schlachten Hagelwetter Feuersbrünste usw. Wie solche Stücke literarisch die alten Memorienverse weit übertrafen, so meldete sich jetzt auch noch Anderes: die seit Ende der 1480er Jahre regelmäßig jeden Rektor begrüßenden Gedichte in der Matrikel, die dem neuen Taufstein zu St. Peter gewidmeten Strophen u. dgl. m., lauter Äußerungen der Freude des Autors an seinem Können und zugleich der Überzeugung, daß diesen Sprüchen die Kraft einer besondern monumentalen Sicherung und Weihe des Andenkens innewohne.

Manches dieser Dinge mag uns im Einzelnen unbedeutend erscheinen. Aber im Gesamten der Bewegung lebt ein prächtiger Jugendsturm, lebt das Wesen des Geschlechtes, das eine geistige Revolution zu erleben das Glück hat. Durch Gelehrten- und Literatentum, durch Geziertheit Eitelkeit und Streitsucht, auch durch Unfertiges und Mangelhaftes hindurch spüren wir die frische, Alles wagende und anfassende Kraft.

In solchen Äußerungen kommt uns der Basler Humanistenkreis dieser Zeit nahe. Aber sein Bild wechselt beständig. Zu den Wenigen, die ein Jahrzehnt oder mehr hier aushalten, tritt die Schar der beweglichen Wanderer. Auch Basel erlebt die Unruhe dieser Menschen, die von Ort zu Ort gehen; sie wollen durch die ganze Welt ihr Wesen verkünden, Neues hören und lernen, Gleichgesinnte begrüßen. Sie sind überall auf ihre Manier zu Hause. Was sie etwa fesselt, ist ein kurzer Lehrauftrag, eine Bibliothek oder ein Buchdrucker. Auch ein so ernster und gründlicher Mann wie Heynlin wird durch solche Unruhe von Ort zu Ort und aus einer Tätigkeit in die andere getrieben. In allen Richtungen regt sich dabei das Leben. Der Domherr Hartman von Eptingen z. B., mit dem Erhard Windsberg über Astrologie korrespondiert und dem Heinrich Bebel die Kosmographie des Corvinus bringt, hat auch den Besuch des Konrad Celtes 1494. Wie Johann Rhagius 1501 aus Italien heimreist, macht er in Basel Halt und liest den Freunden sein neuestes Werk vor. Besuche dieser Art sind natürlich zahllos, und die Nennung vieler Namen würde hier ohne Wert sein. Nur einen einzigen dieser Gäste beachten wir noch, einen seltsamen Fremdling: den Flavius Guilelmus Raymundus, der seiner Sprachkenntnisse

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 594. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/73&oldid=- (Version vom 4.8.2020)