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wegen – er war des Lateinischen Griechischen Hebräischen Arabischen und Chaldäischen mächtig – den Beinamen Mithridates trug; von Geburt ein spanischer Jude, vielseitig, mit Titeln prunkend; als er 1485 auf der Reise von Köln nach Italien durch Basel kam, empfing er hier die Huldigung der Gelehrten, darunter ein großes Preisgedicht des Sebastian Brant.

Das Wichtige, das sich an solches Kommen und Gehen, Schreiben und Debattieren anschloß, der geistige Verkehr, die Belehrung und Anregung, ist im Einzelnen nur zu ahnen. Gleiches war hier stets geschehen und geschah auch jetzt vielen Andern, nicht nur den Humanisten; hauptsächlich von diesen bekannt wird es nur vermöge ihrer Redseligkeit, ihrer Beweglichkeit und ihres Eifers, von der eigenen Person zu sprechen. Auch ihnen, wie vielen Ungenannten vor ihnen und neben ihnen, war die „durch den unsterblichen Ruhm des Rheinstroms emporgehobene Stadt Basel“ der Punkt, auf dem alle Welt sich begegnen konnte. Wie Regiomontan Nürnberg, so feierten Viele Basel als das Zentrum Europas; seine Lage und sein Verkehr machten eine conversacio mit den allenthalben wohnenden Gelehrten möglich.


Von erster Wichtigkeit war nun aber die Anerkennung und Berücksichtigung dieser neuen Tendenzen im Rahmen des offiziellen Schulbetriebes.

Schon bei der Gründung der Universität war unverkennbar der humanistische Geist mittätig. Unter den Vorschlägen, die den Rat beschäftigten, war auch der, die Artistenfakultät zum Kern der ganzen Schule zu machen und sofort mit acht Ordinarien zu versehen; außerdem sollten „zum Ruhme der Universität“ zwei Dozenten für Hebräisch und Griechisch angestellt werden, sowie „um des Bedürfnisses und des Glanzes des Gemeinwesens willen“ ein Vertreter der ars oratoria, der Eloquenz. In einem zweiten Gutachten wurde die Schaffung einer Lehrstelle für die „Poetrye“ gefordert, im gleichen Atemzuge mit Empfehlung des römischen Rechtes.

Die wenigen Seiten, auf denen diese Ideen dargelegt wurden, gehören zu den wichtigsten Dokumenten der Basler Geistesgeschichte. Rückhaltloser ist die Gesinnung, die über dem Entstehen der Universität waltete, nirgends bezeugt.

Wir sehen den Rat zur gleichen Zeit auch eine Reform des zur Universität vorbereitenden Unterrichts durch Bestellung eines Pädagogiums erwägen, und im fernern erinnern wir uns daran, daß die Universität von Anbeginn an römisches Recht lehrte und italiänische Romanisten in Menge auf ihren Kathedern hatte. Wie nahe aber Humanismus und Studium des römischen Rechtes sich standen, ist von überall her bekannt.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 595. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/74&oldid=- (Version vom 4.8.2020)