Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/75

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nach einigem Zögern trat die Behörde auf einen Teil jener Vorschläge ein, und „damit stellte sich Basel recht eigentlich an die Spitze der geistigen Bewegung der Zeit“.

Schon 1462/63 war von Anstellung und Besoldung eines „Poeten, in Poetrye ze lesen“ die Rede, und am 12. Februar 1464 wurde hiefür Meister Petrus Antonius de Vinariis (von Final) von Dôle nach Basel berufen.

Unter dieser „Poesie“ ist zu verstehen die Beschäftigung mit den antiken Schriftstellern, das Lesen ihrer Werke, die Unterweisung im klassischen Latein und seiner möglichst kunstreichen Anwendung, namentlich in metrischer Form.

Aber dieser erste Basler Poesielehrer trat innert Jahresfrist zur juristischen Fakultät über, wo er römisches Recht las. An seine Stelle kam Peter Luder.

Vor acht Jahren war dieser der erste Verkündiger des Humanismus in Heidelberg gewesen, hatte seitdem in Ulm Erfurt Leipzig Padua gelebt. 1464 kam er nach Basel und blieb hier bis 1468. Er hatte vom Rate den Auftrag, in der Poetrye ze lesen, und hieß poesis professor elegantissimus, in den offiziellen Schriften Poet; aber auch doctor medicinae und Stadtarzt; als solcher begegnet er uns oft bei Aussatzexpertisen, und als Mitglied der medizinischen Fakultät redigierte er mit Wölfflin zusammen ihre Statuten. Wie sich diese verschiedenen Funktionen miteinander vertrugen, wie stark die Tätigkeit des Mediziners Luder war, wissen wir nicht. Jedenfalls gab er sich hier wie anderwärts als den berufenen Apostel des Altertums, Lehrer der Humanitas, Feind aller deutschen Barbarei. Talentvoll, jederzeit zum Versemachen aber auch zum Geldborgen bereit, selbstbewußt bis zur Frechheit; ein kleiner brauner struppiger Kerl, wie er selbst sich schildert. Dabei von lockern Sitten und auch gotteslästerliche Reden nicht scheuend. Sogar mit dem alten guten Stadtschreiber Künlin bekam er Händel.

Nach Luders Weggang im Sommer 1468 lehrten hier die „Poesie“ als offizielle Vertreter der Altertumswissenschaft 1470 der Florentiner Jacobus Publicius und vom gleichen Jahr an Johann Mathias von Gengenbach. Dieser war in Paris Studiengenosse des Heynlin gewesen. Hier in Basel erhielt er im August 1465 einen Lehrauftrag für die freien Künste im alten Wege, und am 20. August 1470 wurde dieser Auftrag in der Weise erweitert, daß Gengenbach täglich zwei Vorlesungen halten solle, die eine in den sieben freien Künsten, die andere in der Poesie.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/75&oldid=- (Version vom 4.8.2020)