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Die mit Glarean verkehrenden Basler aber erleben nun die gute Wirkung: der oft so Unwirsche wird jetzt, da es ihm nach Wunsch geht, mild und erträglich; er bequemt sich sogar dazu, gelegentlich ein Nichtwissen zu bekennen und den Rhenan um Belehrung zu bitten.

Ende Mais 1517 reist Glarean nach dem ersehnten Paris. Seine Aufgabe ist Überwachung und Unterrichtung schweizerischer Scholaren. Wie er in Basel getan, sammelt er sie auch hier um sich. Im Bücher- und Gelehrtenviertel, in der Rue St. Jacques, hat er sein Haus, und hier lebt nun diese helvetische Kolonie, more Romano. Glareans Unterricht gilt antiken Autoren, der Geographie Mathematik Musik. Daneben werden auch Kurse der Universität besucht und berühmte Spezialisten genossen wie der Grieche Laskaris, der über Plinius lesende Venezianer Cipriano Talea, der Orientalist Giustiniani.

Glarean selbst nimmt seine griechischen Studien wieder hervor. Er verkehrt mit Jacob Faber, mit dem Basler Copus, mit Andrelinus Budaeus u. A. Auch den Wilhelm Nesen hat er wieder in der Nähe. Zuweilen besieht er sich die Sophistenzeremonien der Sorbonne und geht dann, solcher Possen satt, nach Hause, wo er singt und studiert, sich an seinem Horaz erquickt und mit Demokrit die dumme Welt verlacht.

Er ist ohne öffentliche Stellung, Niemandem verpflichtet; er lebt in Freiheit und Ruhe sich selbst. Aber auf die Dauer verdrießt ihn doch diese Pariser Existenz. Auch hier wieder regt sich in ihm der Schweizer. Allerhand Zwischenfälle wirken ein, die Arroganz und Bosheit der Pariser wird ihm widerlich. So denkt er immer ernster an die Heimkehr, und da der Einfall, sich in Zürich um eine Chorherrnpfründe zu bewerben, zu nichts führt, tritt Basel in die alten Rechte. Der dem Glarean schon bekannte Kreis von Menschen, das Behagen der uberrima Basilea locken ihn; auch hat er das Bewußtsein, jetzt eine andere Stellung ansprechen zu können, als er früher besessen.

Im Februar 1522 trifft Glarean hier ein, durch Scholaren und Bürger mit Jubel empfangen.


Als Erasmus nach Basel kam, war er bald ein Fünfziger. In der Zweiten Hälfte der 1460er Jahre in Rotterdam geboren, in Deventer unter Hegius und in Herzogenbusch gebildet, dann dem Orden der Augustinerchorherren angehörend, wurde er von allem Familiären gelöst und auf sich allein gestellt. Ein „göttliches“ Ingenium, Scharfsinn, ein Tag und Nächte durchdauernder Fleiß, ein Gedächtnis von erstaunlicher Stärke zeichneten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)