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Was er zunächst von Absichten oder Entwürfen laut werden läßt, sagen uns Amerbach und der Karthäuser; dann aber lernen wir im Januar 1526 die ausführlichen Darlegungen der Behörde selbst kennen. Was sie unternimmt, geschieht noch immer im Vertrauen auf die heilschaffende Kraft der guten Werke. „Damit wir beim jüngsten Gerichte besser bestehen können, sollen wir um der Ehre Gottes und brüderlicher Liebe willen den Armen helfen.“ Aber nur den „frommen ehrbaren hausarmen Leuten“ in beiden Städten Basel. Liederliche Arme sollen nicht unterstützt, sondern weggewiesen werden. Ebenso wird jeder Bettel auf den Gassen, vor den Häusern und Kirchen verboten, den „durchstreichenden“ fremden Bettlern und Pilgern nur einmalige Speisung und Lagerung in der Elenden Herberge bewilligt. Die Kohlenbergwirtschaft soll demgemäß aufgehoben werden. Vier aus der Mitte des Rates deputierte Herren leiten diese Armenpflege. Die erforderlichen Mittel sind aufzubringen, indem das Almosen von St. Niklaus in Kleinbasel sowie alle bei Stiftern und Kirchen fundierten Armenspenden und die Opferstöcke in den Kirchen herangezogen werden; außerdem werden die Klöster zu wöchentlichen Naturalleistungen (Muß und Brot) verpflichtet; einzelne Handwerkerbruderschaften kontribuieren; endlich wird auf freiwillige Beiträge „frommer Bürger“ und auf die Mitwirkung des vor Kurzem gestifteten Wissenburgschen Almosens gerechnet.

Wir dürfen annehmen, daß diesen Vorschlägen die Gründung des neuen Almosens und die Eröffnung seines Betriebes bald gefolgt seien. Das Wichtigste ist, daß der Rat über Fonds Spenden Kirchen- und Klostergüter verfügt und durch die Zentralisation aller dieser Kräfte in der Hand einer rein weltlichen Administration den Klerus für immer aus einer großen Tätigkeit verdrängt.


Dies Alles waren Einbrüche der weltlichen Gewalt in kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgebiet. Mit der reformatorischen Bewegung hatten sie nichts zu tun; in ihnen handelte der Rat lediglich aus seinem Gefühl eigener Hoheit. Welches Omnipotenzgefühl ihm allerdings auch die Verpflichtung gab, nun seinerseits für Interessen einzustehen, um die sich bis dahin nur die Kirche gekümmert hatte, und rein weltliche Ordnung an Stelle kirchlicher zu setzen. Daß er im November 1519 den Druck von Predigten des Peter Käs verbot, in denen Luther und Zwingli geschmäht wurde, geschah im Eifer für Ruhe und Ordnung. Aus dem gleichen Grunde wies er Reublin Satzger Farel hinweg, schritt er gegen Karlstadts Traktate ein, bestrafte er wiederholt „unchristliche Reden, die nicht zum Frieden dienen“. Es war Sorge für die Wohlfahrt der Stadt. Aber zuweilen ging der Rat

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/416&oldid=- (Version vom 1.8.2018)