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Schätze Sichart allenthalben hob. Auch Erasmus suchte, nicht persönlich, aber durch Freunde. Cratander erhielt Handschriften aus der reuchlinischen Bibliothek im Pforzheimer Stift. Und an die in der Fuldaer Klosterschule verbrachte Jugend denkend wünschte der alte Johann Froben die Bibliothek dieser Abtei sich dienstbar zu machen, während sein Sohn Hieronymus in Padua und Venedig Codices finden ging und im Rheingau die dalbergische Sammlung durchstöberte. Auch Cantiuncula Fabri Werner Wölfflin dachten draußen an die Basler Freunde und verschafften ihnen Materialien.


Bemühungen aller Art schließen sich in ihren Ergebnissen zusammen zum Bild einer großen Gesamtleistung, zur Erscheinung der damaligen Gelehrtenstadt Basel. Wobei jedes persönliche Bedingtsein, jedes Momentane und Vergängliche wegfällt und nur ein Großes bleibt: das von Geist und Leben erfüllte Dasein dieser Menschen.

Die Hauptrichtungen und den wesentlichen Inhalt ihrer Arbeiten haben wir genannt. Hier ist nur noch einmal Erasmus herauszuheben, die unvergleichbare Hauptfigur der Basler Gelehrtenwelt. Keiner der Autoren neben ihm zeigt solche Kraft und Fülle der Leistung. Von der dritten Ausgabe des griechischen Neuen Testamentes 1523 und von den Paraphrasen zu den Evangelien an, die er mit großer Geberde den vier Monarchen Karl Franz Heinrich Ferdinand widmete, strömte diese Produktion in mächtigen Wogen bis zu den Ausgaben des Seneca und des Augustin 1529. Ihr vielgestaltiges Geleit aber waren Bücher über Erziehung und Unterricht, Erbauungsschriften, Sprachlehren, Polemiken kirchlicher und dogmatischer Art, neue Auflagen des Lobes der Narrheit, der Adagia und namentlich der Colloquia, usw.

Wir dürfen dieses staunenswerte Werk des Einzigen nicht als Maßstab brauchen für die Beurteilung der durch seine Genossen geleisteten Arbeit. Welche Bedeutung diese im Ganzen der damaligen Gelehrsamkeit hatte, ist angedeutet worden, und nur daran mag im Einzelnen zu erinnern sein, wie ausgebildet und sicher schon die Methode sowohl bei einem Editor wie Sichart war als bei einem Forscher und Darsteller wie Rhenan.

Aber nicht allein diese Arbeiter und ihre Werke erfüllen für uns den Raum der Jahre mit dem Reichtum an Glanz Kraft und Bewegung. Wieder ist es die gelehrte Korrespondenz, die das lokale Leben zu erweitern vermag zu einem Leben in aller Welt. Und wieder sind es die Besucher, die auf den alten Musenpilgerstraßen von allen Seiten her nach Basel gezogen kommen und hier den Celebritäten ihre Huldigungen bringen, wohl auch manche gute Arbeitsstunde kosten. Die meisten Empfänge dieser Art hatte

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/474&oldid=- (Version vom 1.8.2018)