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aber außerdem in zahlreichen Figuren andrer Art sich uns verkündigt: in Balthasar Hiltprant dem Eroberer von Ramstein. in Franz Hagenbach, Ruprecht Winter, Urban Schwarz; in dem Maler Konrad Schnitt; in Damian Irmi, einst einem Genossen des ungestümen Lebens, jetzt einem der treuesten Anhänger Ökolampads; in Heinrich David, den wir haben zum Heiligen Grabe wallfahren, dann 1521 das französische Pensionsgeld ablehnen sehen; nun kündet er dem Faber Emmeus die Hausmiete wegen Drucks gegenreformatorischer Schriften.

Was die Basler Bevölkerung überhaupt charakterisiert, — geistige Regsamkeit, Bildung, kritischer Sinn — bewährte sich im Verhalten dieser Menschen zu den neuen Ideen. Wenn einzelne Humanisten, aber auch Männer der katholischen Kirche sowie Luther selbst der Meinung waren, daß dem gemeinen Manne nicht Alles gesagt werden solle und daß Manches, was für die Gelehrten tauge, das Volk nur verwirre, so brauchten die Evangelischen sich Solches nicht bieten zu lassen. Der Rat selbst hatte, als der Provinzial Satzger sich in diesem Sinne äußerte, gefunden, daß das „groß und schwer zu hören sei“; nicht anders dachte und handelte das Volk. Sein Geist, schon lange genug in Spannung und von allen Seiten her angetrieben und geschärft, war reif zum Ergreifen und Begreifen. Er war hinausgewachsen über die einfache Neuerungs- und Freiheitsfreude der ersten Jahre, und voll von Reiz ist das Betrachten dieses allmählichen Eindringens von Verständnis und Erkenntnis, wobei geschehen kann, daß Handwerker über Dogmen disputieren, sei es auch im Wirtshaus und in der Weinlaune. Wir haben vor uns ein Stadtvolk, das überhaupt und nun auch in diesen kirchlichen Dingen aktiv sein will; einem Bürgertum wird die Aufgabe, etwas großes Geistiges selbständig zu entscheiden. Die allgemein gewordene Mündigkeit offenbart sich nicht in Provokationen der Gegner, nicht in Exzessen wie demjenigen der Christnacht 1525, da das Münster und andere Kirchen geplündert werden sollen, wohl aber auf sehr eindrückliche Weise in den allgemeinen Volksabstimmungen, die dieses Jahrzehnt hindurch wiederholt zur Entscheidung wichtigster Angelegenheiten des Gemeinwesens stattfinden.

Die Führung der evangelischen Partei geschah durch ihre weltlichen Vertreter in den Räten und ihre Predigerschaft.

Pfarrer zu St. Martin war seit dem Februar 1525 Ökolampad, zu St. Leonhard seit dem Sommer 1523 Marx Bertschi, der dann 1527 den Balthasar Vögeli aus Wallenstadt, 1528 den Erhart Müller als Helfer zur Seite hatte. Leutpriester des Spitals war Wolfgang Wissenburg, Prediger zu Barfüßern Johann Lüthart, zu Augustinern Thomas Girfalk.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/494&oldid=- (Version vom 1.8.2018)