tüchtige Handwerker und Gewerken ausgebildet werden. Der neugebildete „Deutsche Werkbund“, eine Vereinigung von Künstlern und Gewerbetreibenden, hat sich die Förderung guter Arbeit als Ziel gesetzt: „Der Künstler gebe sich nur mit dem Besten zufrieden und strebe nach jener inneren Vollkommenheit, die von Virtuosität ebensoweit entfernt ist, wie von geschäftlicher Routine. Der Hersteller verabscheue es, eine Arbeit zu liefern, die nicht das technisch Beste darstellt, das die Verhältnisse zulassen. Als Käufer und Besteller aber muß es unbedingt Aufgabe eines Jeden sein, die Qualitätsforderung in allererster Linie selbst zu stellen.“
Diese Forderung nach einer gewissen Echtheit sowie erhöhter Gediegenheit und Zweckmäßigkeit hat sich aber nicht nur auf die Dinge unserer nächsten Umgebung, den Hausrat, die Kleidung und die Wohnungsausstattung zu erstrecken, sie soll noch weitergreifen und sich in erster Linie mit dem beschäftigen, was ein wichtiger Gradmesser unserer Kultur ist, mit unserem Wohnhause. Wenn wir heute die charakteristischen Merkmale des deutschen Bürgerhauses der letzten Jahrzehnte nennen sollen, kommen wir in arge Verlegenheit. In dem architektonischen Formalismus, der sich während der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts auch des deutschen Hauses bemächtigt hatte, haben wir das Gefühl für das Natürliche und Zweckmäßige im Hausbau verloren; wir wohnen in Mietskasernen, deren Äußeres und Inneres uns nichtssagend und charakterlos entgegenstarrt. Eine neue, Besserung versprechende Kunst dämmert herauf, wird aber von sehr wenigen erkannt und gefördert.
Die Bewegung im deutschen Kunstgewerbe ist nicht bei den Kleinkünsten stehen geblieben, sie hat, wie in England, auf die Bildung des Raumes den größten Einfluß gehabt und ist damit auch für die Gestaltung des ganzen Hauses von Bedeutung geworden. Von ihr wird eine Wiedererweckung der bürgerlichen Baukunst zu erwarten sein. Denn wer sich nicht in seiner Häuslichkeit mit künstlerischen Dingen umgibt, wird auch gleichgültig gegen die äußere Architektur des Hauses bleiben. Beides ist untrennbar miteinander verbunden und wird stets in wechselseitige Beziehung treten.
Es ist nötig, daß wir in unserer bürgerlichen Baukunst wieder zur Einfachheit früherer Zeiten zurückkehren und unsere Architektur von dem ihr anhaftenden Formalismus
Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/19&oldid=- (Version vom 11.11.2024)