erbauten Bürgerhäusern verdankt, wie die folgende Kritik des Oberhofmarschalls von Racknitz in seiner im Jahre 1796 erschienenen Geschichte des Geschmacks beweist: „Die kursächsische Residenz Dresden wird unter die schönsten Städte Deutschlands gerechnet, und man kann in gewisser Hinsicht behaupten, daß der Blondelsche Geschmack zu ihrer Verschönerung beigetragen hat. Es befinden sich nämlich daselbst nur wenige öffentliche Gebäude, die durch architektonische Vorzüge die Aufmerksamkeit der Kenner anregen, dagegen haben die Bürgerhäuser einen gefälligen und reinlichen Charakter, der zugleich, wenn auch nicht Reichtum, doch einen Wohlstand ankündigt, welcher auf jeden Fremden beim ersten Anblicke einen angenehmen Eindruck macht, und wodurch Dresden zu einer der vorzüglichsten Städte Deutschlands wird. Die innere Einrichtung der Gebäude ist dagegen so beschaffen, daß die Besitzer derselben daraus guten Nutzen ziehen, mit einem Worte, was man gute bürgerliche Baukunst nennt, ist in Dresden häufig angewandt zu sehen.“
Wie von Racknitz in der genannten Abhandlung sehr treffend bemerkt, macht sich der am sächsischen Hofe damals vorherrschende französische Geschmack auch in der bürgerlichen Baukunst von jetzt ab geltend. Zum besseren Verständnis der nun einsetzenden Stilrichtung seien einige Bemerkungen vorausgeschickt, wobei ich den wertvollen Untersuchungen über Barock und Rokoko von Dr. Paul Schumann folge.
Die von der im Jahre 1671 neugegründeten Bauakademie in Paris ausgehenden Lehren des älteren Blondel (1618–1686), und besonders die geistreich geschriebene Abhandlung über Architektur von Cordemoy (1651–1722) beherrschten zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts fast die gesamte gebildete Welt. Beide gehen auf die Lehre Vitruvs über die Säulenordnungen zurück, doch stellt Cordemoy noch besondere Gesetze über Architektur auf, die sich aus den Anschauungen im Zeitalter eines Ludwig XIV. ergaben, und auch nur im Sinne der damaligen Zeit verständlich sind. Es sind dies die Grundsätze der Bienséance oder Convenance. Unter ihnen versteht Cordemoy die schickliche Einfügung eines Bauwerkes mit allen seinen Einzelheiten in die von Natur, Sitte und Gewohnheit gezogenen Grenzen. Es erforderte zum Beispiel die Bienséance eine gewisse Abstufung der einzelnen Gebäudegruppen. So brauchten die Häuser der reichen Leute nur große, bequeme
Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/48&oldid=- (Version vom 19.11.2024)