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ganz leicht in die Pubertät. – So? Ist es dem Autor gänzlich unbekannt, wie eminent krisenhaft, beunruhigend, aufregend und gefährlich gerade beim Weibe diese Epoche sich ankündigt, – da ja auch sie von einem Phänomen begleitet ist, – »über das der Wille keine Gewalt hat«?! Unbekannt auch, daß hysterische Schwärmereien, die gewöhnlich blinde Aufopferung und entsetztes Abwenden von aller bewußten Sexualität (die mit geheimen Schauern wie eine fremde, feindliche Macht geahnt wird) zum Substrate haben, gerade in dieser Zeit emporschießen, daß eine übersinnliche Hingabe zur treibenden Kraft des ganzen Wesens wird, – wie sie Ibsen in Kaja Fosli und in der Hedwig der »Wildente«, Hauptmann in Ottegebe im »Armen Heinrich« verkörperten ?!

»Besonders deutlich« beweisen daher Behauptungen solcher Art nur das Eine: daß alles, was ist und wie immer es ist, herbeigeholt, und alles, was nicht ist, konstruiert wird, um vorgefaßte Fiktionen zu stützen.

Ein blindes Vorbeisausen am wahrhaft Ursächlichen, an wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, in denen die Gründe so mancher Erscheinungen wurzeln, ist ganz auffällig ersichtlich und kulminiert in verwirrender Verwechslung natürlicher Anlagen mit bloßen Zeiterscheinungen von rein sozialer Natur. Warum – so wird gefragt – denken Knaben nicht ans Heiraten, während selbst die kleinsten Mädchen schon darauf »erpicht zu sein scheinen«? Sehr einfach: weil die Mädchen von einem Erziehungsplan, der eine andere selbständige Existenz als die Heirat nicht in Betracht ziehen konnte, darauf gedrillt wurden. Darum denken sie schon bei der Puppe ans Heiraten, geradeso wie Buben, denen man den Säbel als Spielzeug in die Hand gibt, sich gewöhnlich eine kriegerische Karriere in lockenden Farben ausmalen, womit doch sicher nicht bewiesen ist, daß sie ihrer »Anlage« nach Menschenschlächter sind und

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Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)