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Gibt es Verkehrtheiten und Verlästerungen in dem Buche, die eines humoristischen Beigeschmackes nicht entbehren, so daß man sie mitunter recht heiter finden kann, so gibt es hingegen auch Ausführungen darin, wo aller Humor schweigt, wo einem eine starre Entrüstung das Blut stocken macht. Ein wilder Haß gegen alles Natürliche, eine bösartige Verdächtigung und Verfolgung jeder sinnlichen Daseinsfreude, eine auf Kosten alles Körperlich- Fröhlichen entartete Geistigkeit, die den Leib und seine Pflege verachtet, eine schier bankerotte Phantasie, die sich in Verleumdung und Verleugnung alles Irdisch-Sinnlichen ergeht und sich gleichzeitig im Übersinnlichen zu den willkürlichsten Hypothesen versteigt, zeitigen ihre Blüten in den Anschauungen, die sie verkünden: So hätte zum Beispiel für den höherstehenden Mann das Mädchen, das er begehren, und das Mädchen, das er »lieben, aber nie begehren könnte« (?) eine ganz verschiedene Gestalt! Ein schmachvoller Dualismus, will mir scheinen! Ferner: Es gibt überhaupt nur platonische Liebe! »Was sonst noch Liebe genannt wird, gehört in das Reich der Säue!« 

Nur wer nie ein Weib in Liebe gewonnen, sondern es nur unter den Schauern der Prostitution besessen hat, wer überhaupt nie ein Weib gekannt hat, sondern nur sein Zerrbild, – die Dirne, – nur wer sich eines krankhaften

Empfohlene Zitierweise:
Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)