solle, das ist die im Jahre 1900 gegründete „Internationale Vereinigung der Akademien“. – Diese besteht gegenwärtig aus einer ganzen Reihe von Akademien[WS 1] der Wissenschaften und gelehrten Gesellschaften verschiedener Länder, u. A. auch aus der Kaiserlich Russischen Akademie der Wissenschaften, deren Vertreter, Akademiker C. Salemann, wir heute die Ehre haben zu unseren Gästen zu zählen. Die Vereinigung der Akademien veranstaltet alle drei Jahre Zusammenkünfte ihrer Vertreter; die erste Zusammenkunft war 1901 in Paris, die nächste soll 1904 in London stattfinden. – Die Vereinigung kann laut Statuten Spezialkomissionen gründen zur Durchsicht[WS 2], Prüfung und Verbreitung solcher wissenschaftlicher Unternehmungen und Forschungen, welche internationales Interesse haben; es werden aber nur solche Fragen in das Programm der Arbeiten dieser Vereinigung aufgenommen, welche von einer der beteiligten Akademien in Vorschlag gebracht worden sind. – Nun gilt es also eine der beteiligten Akademien, oder noch besser mehrere derselben, für die Frage der Wahl einer internationalen Sprache zu interessiren, um an diese hohe Kompetenz zu gelangen, und das hat sich die Delegation zur Aufgabe gemacht. Sie hat dazu von einer grossen Zahl namhafter Gelehrter, die in einer besonderen Liste verzeichnet sind, die Erklärung bekommen, dass sie mit den Intentionen der Delegation einverstanden sind; von russischen Gelehrten finden wir in der Liste: Prof. emer. Lamanski und Prof. Baudouin de Courtenay in St. Petersburg und Prof. W. Ivanovski in Moskau.
Für den Fall, dass die Vereinigung der Akademien ablehnen sollte diese Frage auf ihr Programm zu setzen, will die Delegation von sich aus ein Comité für die Wahl einer Sprache ernennen.
Sodann soll eine Gesellschaft gegründet werden, welche für die allgemeine Einführung der gewählten Sprache tätig ist.
Die Delegation beabsichtigt ihre Tätigkeit allmählich[WS 3] über die ganze gebildete Welt auszudehnen und sucht die Unterstützung der Vereine und Gesellschaften von Gelehrten, Kaufleuten und Touristen, indem sie dieselben mit ihren Zielen bekannt zu machen und sie zu interessiren sucht, um sie zur Mitwirkung zu veranlassen. Zum 1. Januar d. J. waren es schon 122 Gesellschaften, die sich mit den Prinzipien der Delegation einverstanden erklärt und Delegirte ernannt hatten, grossenteils französische, aber in letzter Zeit sind schon ziemlich viele Gesellschaften anderer Länder vertreten; die russischen sind:
Physiko-Mathematischer Verein in Poltawa,
Gesellschaft Hahnemann in Odessa.
Die vertretene technischen Gesellschaften heissen:
Association Polytechnique in Paris,
Centro nacional de Ingenieros in Buenos Ayres,
Congrès international de l’Enseignement technique in Paris,
Associazione Elettrotecnica Italiana (section toscane),
Société centrale d’architecture de Belgique.
Der Kassirer der Delegation, Prof. Dr. L. Couturat[WS 4] in Paris, (7 Rue Nicole) hat sich u. A. auch an mich gewandt mit der Bitte, hiesige Vereine für die Frage zu interessiren und speziell den St. Petersburger Polytechnischen Verein zur Beteiligung aufzufordern.
Meine Herren! Ich hoffe soweit Interesse für die internationale Sprache geweckt zu haben, dass Sie die Bitte um Beteiligung an der Bewegung nicht versagen werden und stelle daher den Antrag:
Waldemar Rosenberger: Über den jetzigen Stand der Weltsprache-Frage und die Neutralsprache. , St. Petersburg 1903, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weltsprache-Frage_und_die_Neutralsprache.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)